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Kein Entscheid ohne Ortstermin

■ Uni-Ost: Umweltschützer wollen Aufschub für Begehung nutzen

Die Bremer PolitikerInnen sollen vor einer Entscheidung über den Technologiepark Universität die Gummistiefel anziehen: „Reden und entscheiden über das Gebiet kann nur, wer es selbst gesehen hat“, sagt Gerold Janssen, mit dem Bundesverdienstkreuz dekorierter Umweltschützer, der für den Erhalt des Geländes in seiner jetzigen Form kämpft. Alle EntscheidungsträgerInnen, die das Gelände am Autobahnzubringer Universität noch nicht selbst begutachtet haben, will er mit einer Platzbegehung von der Bedeutung des „wichtigsten Ökosystems Bremens“ überzeugen.

Das Gelände ist im Bebauungsplan 2007 als Standort für die Bremer Zentrale von Siemens vorgesehen. Nach Meinung der „BI Uni Ost“, des BUND und von zwei Grünen und zwei SPD-Mitgliedern im Beirat Horn-Lehe ist das Gebiet aber mit einem Feuchtgebiet, einem Trockenrasengebiet und einem Hochrelief wichtig für den Artenreichtum von Pflanzen und Tieren, das Mikroklima vor Ort und die Naherholung der Bürger. Wegen der ökologischen Bedeutung des Gebietes hatten die Grünen in der Sitzung des Wirtschaftsförderungsausschusses am Mittwoch die Entscheidung der Ausschreibung zum Baubeginn um vier Wochen verschoben. FDP und SPD hatten daraufhin den Grünen vorgeworfen, „kompromißunfähig“ zu sein und Siemens zu gefährden.

„Sechs Jahre ist Siemens an dem Gelände dran, da werden vier Wochen doch wohl zu verkraften sein“, sagt Dieter Mazur, grünes Beiratsmitglied in Horn-Lehe. Die KrititkerInnen sind nicht grundsätzlich gegen die Siemens- Ansiedlung: „Es geht nicht um Fundamentalopposition nach dem Motto: Kröten gegen Arbeitsplätze. Wir wollen eine ökologisch modernisierte Industrieansiedlungspolitik erreichen.“ Für die etwa vier Hektar ökologisch sensiblen Geländes, die nach Meinung der Umweltschützer nicht bebaut werden sollen, will Gerold Janssen Ausweichflächen am Rande des Gewerbegebietes Horn-Lehe-West herbeischaffen. Das vierwöchige Moratorium wollen die Umweltschützer nutzen, um die EntscheidungsträgerInnen nach Horn-Lehe zu holen:“Das sind Vetreter von CDU, FDP und SPD und die Senatoren, die noch nicht dort waren“, sagt Gerold Janssen.

Mißtrauen hegen die BIler gegen den bürokratischen Selbstlauf in der Verwaltung. Sie wollen verhindern, daß mit der anvisierten „Bodenverbesserung“ auf dem Gelände Uni-Ost Fakten geschaffen werden, die eine Entscheidung für den Bau unausweichlich machen. Gerold Janssen jedenfalls will sich nun auch an die Siemens- Zentrale in Erlangen wenden. Wenn die Apelle an das ökologische Gewissen nicht ausreichen, bleibt dem Umweltschützer vielleicht noch ein Druckmittel: vorsichtshalber ist Janssen Siemens- Aktionär. Bernhard Pötter

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