: Gefährlicher Irrtum
■ Ärzten droht Strafe: Sie verschrieben an Heroinabhängige das Schlafmittel Rohypnol
: Sie verschrieben an Heroinabhängige das Schlafmittel Rohypnol
Zehn Hamburger Ärzte werden sich in den nächsten Wochen vor dem Berufsgericht verantworten müssen. Sie sollen etwa 30 ihrer heroinabhängigen Patienten große Mengen des Schlafmittels Rohypnol verschrieben haben. „Ein Verstoß gegen das ärztliche Heilgebot“, so der Vorwurf der Hamburger Ärztekammer. „Eine Substanz, die noch gefährlicher ist als Heroin“, heißt es deutlicher in einem Schreiben der Sachverständigenkommission „Substitution“.
Rohypnol ist auf dem Drogenmarkt schon länger ein Renner. In Tablettenform für 2,50 Mark pro Stück zu kaufen, hat es für Junkies vor allem einen Vorteil: Es macht völlig breit. Ist Heroin knapp oder besonders stark gestreckt, hat das Schlafmittel (Wirkstoff Flunitrazepam) Konjunktur. Mit gefährlichen Folgen: Denn das Medikament macht nicht nur abhängig, sondern hat auch erhebliche Nebenwirkungen. So kann es zu plötzlichem aggressiven Fehlverhalten oder zu hirnorganischen Krampfanfällen kommen. Aufgrund seiner stark betäubenden Wirkung wurden Abhängige zudem häufig in schwere Verkehrsunfälle verwickelt.
Die Ärztekammer sieht sich aufgrund dieser Verschreibungen, auf die Krankenkassen bei der Überprüfung von Abrechnungen gestoßen waren, nun veranlaßt, die Mediziner in ihrem Mitteilungsblatt zu warnen. Denn offenbar sind einige Ärzte der Ansicht, daß eine Substitutionsbehandlung Süchtiger mit Flunitrazepam ebenso gut ist, wie die mit den dafür anerkannten Mitteln Methadon und Remedacen. „Das ist ein schwerer Irrtum und kommt einem Kunstfehler gleich“, bewertete dies jedoch der geschäftsführende Arzt der Ärztekammer, Dr. Klaus Damm, jüngst in der Ärztezeitung. Sollte den betroffenen Medizinern vom Berufsgericht eine schwerwiegende Verfehlung nachgewiesen werden, drohen Geldstrafen bis zu 50 000 Mark oder sogar der Entzug der Approbation. Wegen exzessiver Verschreibung von Rohypnol wurden in der Vergangenheit schon Strafen von 20 000 Mark verhängt. sao
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen