Konfusion nach den Wahlen in Senegal

■ Regierende Sozialisten gewinnen Parlamentswahl / Streit um Wahlscheine

Dakar (taz) – Senegals regierende Sozialistische Partei (PS) wird auch nach den Parlamentswahlen vom letzten Sonntag ihre absolute Mehrheit in der Nationalversammlung behalten. Inoffizielle, von der staatsnahen Zeitung Le Soleil veröffentlichte Ergebnisse gaben ihr gestern etwa 60 Prozent der Stimmen und mindestens 80 der 120 Parlamentssitze gegenüber höchstens 30 für die oppositionelle „Demokratische Partei“ (PDS). Alle Beobachter sprechen von einer Wahlbeteiligung von unter 50 Prozent. Das offizielle Ergebnis soll spätestens am Freitag bekanntgegeben werden.

Die PDS gibt an, landesweit mit der PS gleichauf zu liegen und ihre schon während der Präsidentschaftswahlen vom Februar gewonnene Mehrheit in der Hauptstadt Dakar weiter ausgebaut zu haben. Oppositionsanhänger sind überzeugt, daß sich die PS besonders in ländlichen Gebieten Stimmen kauft. So seien laut PDS bei den Präsidentschaftswahlen im Februar bis zu 300.000 sogenannte ordonnances – Wahlberechtigungsscheine für wegen Krankheit oder Abwesenheit nicht auf die Wahllisten eingetragene Bürger – an PS- Anhänger verteilt worden. Die Vorwürfe des Wahlbetruges wurden damals von internationalen Beobachtern teilweise bestätigt, nicht jedoch die PDS-Behauptung, daß ihr Führer Abdoulaye Wade — der 32 Prozent der Stimmen erhielt – der eigentliche Sieger war.

„Wir gewinnen die absolute Mehrheit, und dann kann Präsident Diouf ohne unsere Zustimmung keine Regierung bilden“, hatte Wade vor der Parlamentswahl getönt. Jetzt jedoch sieht sich die PDS selber des Wahlbetruges bezichtigt: Der Bürgermeister Dakars und PS-Spitzenkandidat in der Hauptstadt, Mamadou Diop, behauptete, die Oppositionspartei habe am Wahltag in der Region Dakar 10.000 gefälschte ordonnances verteilt. Ein PDS-Sympathisant gab gegenüber der taz unumwunden zu, in Dakar über 100 ordonnances gefälscht und an Anhänger verteilt zu haben. Bei den vorgefundenen gefälschten ordonnances, die am Wahltag erhebliche Verwirrung stifteten, handelt es sich wohl nur um die Spitze eines Eisberges. Die Regierung muß sich aber fragen lassen, warum die bei den Wahlen vom Februar mit ordonnances ausgestatteten Wähler seitdem nicht in die Wahlregister eingetragen worden sind.

Unter diesen Umständen verkommt Senegals vielgepriesene Mehrparteiendemokratie immer mehr zur Farce. Bis jetzt hat das Parlament so gut wie jeder Regierungsentscheidung zugestimmt, und auf der Straße ist die Ansicht verbreitet, daß Abgeordnete sich einfach bereichern, ohne irgendwas zu tun. Florian Westphal