: Berghofer abgeblitzt
■ Verfassungsgericht nimmt Beschwerde gegen Wahlfälschungsurteil nicht an
Karlsruhe (dpa) – Der wegen Wahlfälschung verurteilte ehemalige Dresdner Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer ist mit seiner Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Die Karlsruher Richter nahmen Berghofers Beschwerde mangels „hinreichender Aussicht auf Erfolg“ gar nicht erst zur Entscheidung an. Damit ist die Verurteilung Berghofers zu einem Jahr Bewährungsstrafe und 36.000 Mark Geldbuße unanfechtbar.
Die Karlsruher Grundsatzentscheidung hat auch Auswirkungen auf andere Wahlfälschungsprozesse in den fünf neuen Ländern, wo sich derzeit auch der frühere Dresdner SED-Bezirkschef Hans Modrow wegen Anstiftung zur Wahlfälschung vor Gericht verantworten muß.
Der wegen Fälschung der DDR-Kommunalwahlergebnisse vom Mai 1989 überführte Berghofer hatte seine Beschwerde in Karlsruhe damit begründet, in der DDR habe es nur „Scheinwahlen“ gegeben. Das bundesdeutsche Strafrecht, das nach dem Einigungsvertrag gelte, schütze jedoch nur demokratische Wahlen. Diese Ansicht wurde vom Bundesverfassungsgericht zurückgewiesen. Auch das DDR-Recht habe die Fälschung von Wahlergebnissen unter Strafe gestellt. Damit habe auch die einschlägige DDR-Bestimmung die Möglichkeit erfaßt, „der von der Nationalen Front aufgestellten Einheitsliste durch eine entsprechende Kennzeichnung des Stimmzettels (Gegenstimmen) oder durch Wahlenthaltung eine Absage zu erteilen“.
Daher bestünden keine Bedenken, solche Wahlfälschungen auch heute noch als strafbar anzuerkennen, deren Zweck es gewesen sei, „das Ausmaß eines derartigen ablehnenden Abstimmungsverhaltens zu unterdrücken“. Gerade darauf hätten sich die Wahlfälschungen Berghofers bezogen. Die entsprechenden Erwägungen der Strafgerichte „sind naheliegend, jedenfalls gut vertretbar und keinesfalls willkürlich“, heißt es in der Entscheidung. (Az.: 2 BvR 292/93)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen