: Bewegung statt Wahlkampfmaschine
■ Interview mit der GAL-Spitzenkandidatin Jutta Biallas über grüne Rivalitäten und die Chancen einer rotgrünen Koalition
über grüne Rivalitäten und die Chancen einer rotgrünen Koalition
taz: Prima Klima für die GAL in der Stadt. Neuer Flügelstreit innerhalb der GAL. Verhindern interne Querelen den angepeilten Wahlerfolg?
Biallas: Würd' ich nicht so sehen.
Im Zusammenhang mit der Kandidatenaufstellung am 12. Juni sprechen einige GALier schon von der Nacht der langen Messer...
Also von mir oder meinen politischen Freunden kann das nicht kommen. Wir werden am 5. Juni unser Wahlprogramm verabschieden. Bei der Aufstellung der Kandidatenliste eine Woche später wird die Mitgliederversammlung dann aufgrund des Programms entscheiden, natürlich auch auf der Grundlage der letzten Erfahrungen.
Also der Unzufriedenheit der Partei mit der Fraktion. Wie wird denn die nächste Bürgerschaftsfraktion aussehen, alles neue Leute?
1Weiß ich nicht...
Anders gefragt, welche Mitglieder der jetzigen Fraktion dürfen sich Chancen für einen Wiedereinzug ins Rathaus ausrechnen?
Kann ich auch nicht sagen, das wird die Mitgliederversammlung entscheiden. Aber ich würde gerne mit Holger Matthews, Joachim Schulze-Bergmann oder Anna Bruns zusammenarbeiten. Mit den anderen sechs stelle ich es mir schwierig, aber nicht unmöglich vor.
Also eine Absage an diejenigen, die sich in der Bosnien-Debatte für eine Intervention ausgesprochen haben. Wie würde sich denn eine Fraktionschefin Biallas von einer Fraktionschefin Krista Sager oder einem Fraktionschef Martin Schmidt unterscheiden?
Zum Beispiel in der Art der Zusammenarbeit mit den Bezirken der Partei. Ich würde das Interesse des
1Teams vor das Eigeninteresse stellen.
Soll heißen, Sager und Schmidt tun das nicht...
So habe ich das in den vergangenen zwei Jahren wahrgenommen.
Die Außenwirkung der jetzigen Fraktion war nicht gerade schlecht.
Sicher, aber die Frage ist doch, ob man will, daß die Partei zur Wahlkampfmaschine verkommt, die nur alle vier Jahre wichtig wird. Die GAL muß wieder so etwas werden wie Bewegung, in der inhaltliche Meinungsbildung stattfindet. Und das muß sich dann auch parlamentarisch niederschlagen.
In einer rot-grünen Koalition, die die GAL flügelübergreifend anstrebt. Wo liegen denn die Gemeinsamkeiten mit der SPD?
Die Gemeinsamkeiten sind nicht das Entscheidende. Die Frage ist doch, mit wem wir unsere Politik am ehesten durchsetzen können.
Was soll denn da durchgesetzt werden?
Mehr soziale Gerechtigkeit zum Beispiel, verstanden in dem Sinne, daß man den Ärmsten nicht noch mehr wegnimmt. Oder aktive Friedenspolitik. Das kann ich nicht mit der CDU durchsetzen, sondern zumindest mit Teilen der SPD.
Soziale Gerechtigkeit, Friedenspolitik sind nicht gerade originäre Themen der Hamburger Bürgerschaft. Die Einflußmöglichkeiten dürften eher gering sein.
Das ist richtig. Dennoch bin ich dagegen, daß wir uns nur auf die Hamburger Politik begrenzen.
Wie könnte eine rotgrüne Koalition denn mehr soziale Gerechtigkeit schaffen? Was würde sich ändern gegenüber
1der SPD-Alleinregierung?
Ich bin nicht bereit, hier über die inhaltliche Ausgestaltung möglicher Koalitionen zu sprechen. Darüber kann man bei entsprechendem Ausgang nach der Wahl reden. Derzeit geht es allein um grüne Positionen.
Die da, mal abgesehen von den Dauerbrennern Hafenstraße und Altenwerder, wären?
Beispielsweise der Wohnungsbau. Da müssen wir durchsetzen, daß bestimmte Grünflächen erhalten bleiben, und statt dessen bisher für
1Bürobauten ausgewiesene Flächen für Wohnungsbau genutzt werden.
Viel mehr grüne Wohltaten werden auch nicht zu verteilen sein, angesichts der knappen Stadtkasse.
Also, wir werden den SPD-Haushalt sicher nicht so akzeptieren, wie er vorgelegt wird, sondern unsere eigenen Vorstellungen einbringen. Aber die werden realistisch sein. Wir stellen uns nicht hin und fordern 100 000 neue Wohnungen innerhalb eines Vierteljahres.
Interview: Uli Exner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen