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Wodka-Spülung

■ Filmreihe von Aki und Mika Kaurismäki ab Sonntag im ZDF

Es war eines meiner ersten Interviews. Die Frau vom Verleih meinte es gut mit mir und gab mir den Tip, mich ganz oben in die Liste einzutragen, um Aki Kaurismäki gleich als erster zu sprechen. Später, meinte sie, würden die Gespräche durch Akis zunehmende Alkoholisierung immer diffuser. Ich tat, wie mir geheißen, und kam in ein Hotel an einer Frankfurter Seitenstraße. An der Bar plapperten mit häßlichen Krawatten gekleidete Geschäftsleute.

Dann kam Aki. Er hatte lange, fettige Haare, ein Gesicht wie ein alter Autoreifen und, wie man mir besorgt mitteilte, seit einem Tag nichts mehr gegessen, nur getrunken. Die Promoterin bestellte ihm eine Tomatensuppe, die er auch trank und mit Wodka nachspülte. Ich hatte tags zuvor seinen Film „Ariel“ gesehen und stellte meine erste Frage: Ob er sich von einschlägigen Roadmovies habe inspirieren lassen? „Ich hasse Roadmovies“, antwortete er, „beim Drehen ist der Weg zur nächsten Bar immer so weit.“ Das kam kurz angebunden und lakonisch. Mir fiel darauf nichts mehr ein. Ich hatte den Eindruck, so wie der dasitzt, hat das überhaupt keinen Sinn, mit ihm zu reden. Ich hatte eher Lust, mit ihm zu trinken.

Dann erzählte er von sich aus die Geschichte, wie er vor ein paar Tagen mit Jim Jarmusch die Nacht durchzecht hatte, um ihn hinterher zu fragen, ob er in seinem neuem Film mitspielen wollte. Ich wußte nicht, daß Kaurismäki gerade die „Leningrad Cowboys“ abgedreht hatte, in dem Jarmusch tatsächlich einen Autoverkäufer spielt. Wir plauderten dann doch noch eine Weile über Robert Bresson und Rainer Werner Fassbinder („Ich mag seine Filme nicht, aber er starb wie ein Mann“), über Alkohol und den geistigen Tod Finnlands. Ich war nicht wenig überrascht, ein paar Tage später in nahezu allen Zeitungen fast die gleichen Sätze zu lesen, die er mir gesagt hatte.

Was der Regisseur nicht erzählte ...

Zusammen mit seinem älteren Bruder Mika gründete Aki Kaurismäki 1981 die finnische Produktionsfirma „Villealfa“, die für gut ein Drittel der finnischen Filmproduktionen verantwortlich zeichnet. Im Filmforum „Kaurismäki und Kaurismäki“ (Sonntag, 10.15 Uhr) versucht Alexander Bohr, dem Leben und Schaffen des Brüdergespanns auf die Spur zu kommen. Der unterkühlte Humor und Minimalismus, die unverkennbaren Markenzeichen für Akis Filme, finden sich auch noch in den frühen Werken seines Bruders.

Wer einmal in Finnland war, nachdem er einen Kaurismäki- Film gesehen hat, wird sich wundern. Alle Leute dort benehmen sich die ganze Zeit über so, als würden sie in einem der Filme spielen. Die hierzulande feuilletonistisch hochgefeierten, ästhetischen Reduktionen Akis sowie das wortkarge Gebaren seiner Schauspieler finden so eine profane Erklärung (die die Qualität der Filme sicher nicht schmälert). Aki hat einfach die geistige Befindlichkeit seiner Landsleute mit den Stilmitteln des von ihm so geliebten B-Movies portraitiert.

Gleich nach dem Filmforum am Sonntag (um 10.45 Uhr) läuft „Das Mädchen aus der Streichholzfabrik“. In „Reise in die Finsternis“ (3.6.) erhält ein sizilianischer Killer den Auftrag, seine ehemalige Freundin aus dem Weg zu räumen. In „Helsinki Napoli“ (7. 6.) spielen Sam Fuller und Wim Wenders mit. Am 17.6. folgt „Ariel“, am 24.6. „Leningrad Cowboys“ und am 1.7. „Vertrag mit einem Killer“. Danach gehen wir am besten in die Kneipe. Manfred Riepe

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