piwik no script img

Soundcheck

■ Daniel Lanois / Häwi Mädels

SOUNDCHECK

Gehört: Daniel Lanois. Daniel Lanois, berühmt geworden als Produzent so unterschiedlich geschmackvoller Musik wie U2, Brain Eno und Neville Brothers, ist durch Wissen erleuchtet. Der Kanadier mit dem Aussehen eines im Hanffeld vergessenen Beat-Poetens beherrscht das musikalische Erbe des amerikanischen Kontinents mit der gleichen Lockerheit wie er es als seine Musik neu erwachsen läßt. Lanois, der am Samstag in der Großen Freiheit sowohl Eppendorfer mit Vogelnestern um den Mund wie HipHop-Kids aus Steilshoop anlockte, gibt der Gitarre eine Magie zurück, wie sie seit Hendrix rar gesät ist. Von 11 bis halb Drei mit einer Abi-Wallenstein-Pause führte Lanois vor, was Komposition und Live-Musik im Rock'n'Roll bedeuten können; und was „Feeling“ ist. Hier treffen sich zeitloser Geschmack mit ausgefeiltem Handwerk und freier Inspiration zu einem Blues aus einer fernen Spiritualität. Mit dreiköpfiger Band und seinen Gitarren „1“ und „2“ vor seinen zwei Vox-Verstärkern spielte Lanois Stücke von seinen Alben und Unbekanntes aus „seinem“ Bahia, New Orleans, Nashville und Chicago. Gedichte, psychedelische Ausflüge und trockener Rock vollendeten einen kleinen historischen Moment der Musik. tlb

Gehört: Häwi Mädels. Die Häwi Mädels, eine Frauen-Hard-Core- Rock-Band in Trio-Besetzung, luden am Freitagabend zu einer Geburtstagsparty für „Danny“ ins Marquee ein. Die anfänglich luftige Atmosphäre des Freundestreffens, deren Star nicht die Mädels selbst, sondern Danny, das Geburtstagskind war, verdichtete sich im Laufe des Musizierens zu einer schweißtreibenden Angelegenheit. Bass und Schlagzeug zimmerten ein derart kompaktes Fundament der groovenden Art, daß der Gitarristin gar nichts anderes übrig blieb, als im kollektiven Gleichschritt zu marschieren. Einzig ihr Gesang fügte dem rollenden Donner winzige Partikel von Melodie zu. Es wurden an diesem Abend keine Revolutionen auf Seiten und Fellen entfacht, nein, Mädel fühlte sich seriösem Handwerk verpflichtet. Eine Haltung, die im Zeitalter des Fake zu den vom geschwinden Aussterben bedrohten Arten gehört. Das schönste Stück des Abends, die letzte Zugabe, war ein Cover der längst verblichenen Au-Pairs: Sparsam, nur von Bass, Schlagzeug und Stimme instrumentiert. Zum Ausklang des Abends versiegelte das Gebrabbel eines 24 Stunden- Marathon-Kiffers den Eindruck, einem klasssichen Abend beigewohnt zu haben. Josef Kleine

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen