: Lauwarme Wärmeschutzverordnung
■ Öko-Institut kritisiert die Halbherzigkeit des Bundeskabinetts
Berlin/Bonn (taz/dpa) – Nach zweijähriger Vorarbeit und monatelangen Verzögerungen hat das Bundeskabinett am Mittwoch eine Verschärfung der Wärmeschutzbestimmungen beschlossen. Mit der Verordnung soll bei Neubauten der Heizenergiebedarf um mehr als 30 Prozent gesenkt werden. Bauwillige müssen sich von 1995 an auf bis zu vier Prozent höhere Kosten einstellen, MieterInnen mit anteilig höherer Miete rechnen. Nach Auffassung der Bundesregierung werden die höheren Kosten für den Wärmeschutz aber durch Energieeinsparung ausgeglichen. Die neue Verordnung tritt am 1. Januar 1995 in Kraft. Unter ihre Bestimmungen fallen neben Neubauten auch Häuser, bei denen „wesentliche Veränderungen“ vorgenommen werden. Kleine Häuser können ausgenommen werden.
Bundesbauministerin Irmgard Schwaetzer, die den Entwurf zusammen mit Wirtschaftsminister Günter Rexrodt (beide FDP) eingebracht hatte, sagte, die neue Verordnung sei zusammen mit der vor drei Wochen beschlossenen Heizanlagenverordnung ein wesentlicher Beitrag zu der bei der UN-Umweltkonferenz in Rio zugesagten Energieeinsparung von global 30 Prozent bis zum Jahr 2005. Um die Jahrtausendwende solle eine zweite Stufe folgen, die eine 50prozentige Energieeinsparung bringen solle.
Die Ministerin verwies auf eine Einschätzung des TÜV, wonach durch die neue Regelung etwa 100 Millionen Tonnen weniger Kohlendioxid (CO2) ausgestoßen würden. Rexrodt sagte, er erwarte weitere Energiesparvorschläge von der EG an die Mitgliedsstaaten. Die von der Bundesregierung gewollte Energiesteuer mit CO2- Komponente könne in dieser Wahlperiode nicht mehr durchgesetzt werden.
SPD, Bündnis 90/Die Grünen und das Freiburger Öko-Institut kritisierten die Maßnahmen als „lauwarm und halbherzig“. Die Sprecherin der SPD-Fraktion für den Umweltbereich, Monika Ganseforth, sprach gar von einem Flop.
„Die Anforderungen, die künftig für Neubauten gelten, sind bereits bei ihrer Verabschiedung veraltet gewesen“, sagte Rainer Schüle vom Öko-Institut. Schon 1987 sei die Enquete-Kommission Klima des Bundestages zu dem Ergebnis gekommen, daß optimierte Gebäude um 70 bis 90 Prozent weniger Energie verbrauchen würden als heutige Neubauten. Nach Schüles Meinung hat sich die Lobby der Ziegelindustrie „eindeutig auf Kosten des Klimaschutzes druchgesetzt“.
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