: Scharping stützt Kleinaktionär Steinkühler
■ Mercedes-Betriebsräte üben massive Kritik am IG-Metall-Vorsitzenden wegen seiner Aktiengeschäfte in Millionenhöhe / Bank sucht undichte Stelle
Stuttgart (dpa/taz) – IG-Metall- Chef Franz Steinkühler hat im Streit um seine Aktiengeschäfte Schützenhilfe vom rheinland-pfälzischen SPD-Ministerpräsidenten Rudolf Scharping erhalten. „Ich kann mich nur wundern, wer sich hier alles öffentlich das Maul zerreißt“, sagte der SPD-Mann. Am Mittwoch hatten dagegen mehrere SPD-Abgeordnete Steinkühler massiv kritisiert und seinen Rücktritt gefordert.
In Gewerkschaftskreisen blieb Steinkühlers Millionen-Transaktion heftig umstritten. Sieben Mercedes-Betriebsräte des Stammwerks Stuttgart-Untertürkheim bezeichneten den IG-Metall-Chef als „eine viel zu große Belastung für die Gewerkschaft“ und wandten sich gegen „falsche Solidarität mit Franz“. Die Basis habe „kein Verständnis für Börsenspekulationen, bei denen man binnen Sekunden 64.000 Mark verdient“, sagte Manfred Bruckschen, stellvertretender Betriebsratschef von Rheinhausen.
Doch in der Frankfurter Metallzentrale gingen unterdessen auch Solidaritätsbriefe ein. „Ein Rücktritt wäre das Verkehrteste, was du tun kannst“, schrieb etwa die Bochumer IG Metall ihrem obersten Chef. „Im Ruhrgebiet sagt man: Wer arbeitet, macht auch Fehler.“ Verbunden war der Brief mit einer Gratulation: Steinkühler wird an diesem Donnerstag 56 Jahre alt.
Der Audi-Gesamtbetriebsrat schrieb, Steinkühler habe „Anspruch auf die Solidarität der Metaller, selbst wenn ihm einmal ein Fehler unterlaufen sein sollte“. Ebenso nahm der VW-Gesamtbetriebsrat den IG-Metall- Chef gegen Rücktrittsforderungen in Schutz.
Der Stern hatte Anfang der Woche enthüllt, daß Steinkühler für eine knappe Million Mark Aktien der Mercedes-AG-Holding (MAH) erworben hat, kurz bevor bekannt wurde, daß die MAH mit Daimler-Benz verschmolzen wird. Steinkühler sitzt im Daimler- Benz-Aufsichtsrat, gehörte aber nach Angaben von Daimler-Benz- Chef Edzard Reuter nicht zum Kreis der in die Verschmelzung eingeweihten Insider.
Bei seiner bisher einzigen öffentlichen Äußerung dazu gab Steinkühler zu, durch den Aktienkauf und -verkauf in 16 Tagen 64.000 Mark verdient zu haben, bestritt aber, Insider-Kenntnisse gehabt zu haben. Der Stern rechnete allerdings vor, daß der Profit bei mehr als 106.000 Mark gelegen habe — den Wertzuwachs von 52.000 Mark noch nicht wieder verkaufter Aktien nicht mitgerechnet.
Steinkühlers Bank, die BfG, sucht jetzt nach einer undichten Stelle, teilte ein Sprecher mit. Der Kreis der Zugangsberechtigten zu Steinkühlers Konto bei der Stuttgarter Filiale sei nicht sehr groß.
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