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Kultur als Messer in der rechtsradikalen Ferse

■ "Etwas Besseres als die Nation" heute in der Fabrik / Benefiz-Festival mit allen Bands der Ost-Tour im Juni

heute in der Fabrik / Benefiz-Festival mit allen Bands der Ost-Tour im Juni

„Ich komme hierher, weil ich daran interessiert bin, Handlungsfähigkeit herzustellen“, beschrieb Pop-Kritik-Ikone Diederich Diederichsen im Dezember bei der Hamburger Veranstaltung des Wohlfahrtsausschusses im Mekka die neue Motivation zur Teilnahme an politischen Aktionen. Der erstarkte Rechtsradikalismus und die Funktionalisierung subkultureller Strukturen durch Neonazis hatte Musiker, Künstler und Kritiker zur Gründung der Initiative bewogen, die auf diesem ersten halböffentlichen Plenum Möglichkeiten der Einflußnahme diskutieren wollte. Gleichzeitig galt diese Versammlung als Vorbereitungstreffen für eine Tour mit diversen Bands und Diskutanten durch die Neuen Bundesländer, die mit dem heutigen Konzert in der Fabrik ihren Anfang nimmt. Um die Kosten von circa 24 000 Mark wenigstens teilweise wieder hereinzubekommen, wurde dieser zusätzliche Benefiz-Gig organisiert.

Zur „Stärkung der linksradikalen Infrastruktur“ und Verteidigung des öffentlichen Raums gegen rechten Terror ebenso wie zur Diskussion in der Linken über das Verhältnis von Kultur und Politik kann die Veranstaltung dienen, die Mitte Juni in Rostock, Leipzig und Dresden stattfinden wird. Gemeinsam mit lokalen Antifa-Gruppen haben

1die Mitglieder der inzwischen vier Wohlfahrtsausschüsse (Köln, Düsseldorf und Frankfurt haben sich im Anschluß an die Dezember-Veranstaltung gegründet) die Tour organisiert. Dabei nehmen neben den Bands (siehe Foto) auch diverse Redner und Rednerinnen teil (unter anderem: Andreas Fanizadeh vom ID-Archiv Berlin, Jutta Koether von der Spex und Isabelle Graw von

1Texte zur Kunst). Im Anschluß an ihre Referate soll über „praktische und theoretische Fragen antirassistischer Arbeit“ diskutiert werden.

Daß dies durchaus auf des Messers Schneide zwischen Konfusion und Kommunikation ablaufen wird, bewies schon die Veranstaltung im Dezember. Die vielstündige Diskussion war lange geprägt von fruchtlosen Streitereien über Lich-

1terketten und K-Gruppen-mäßigen Abgrenzungen, dennoch gab es immer wieder Momente konzentrierter Entwicklung von Perspektiven. Vielleicht läßt sich ja während dieser Tour aus dieser Erfahrung heraus eine Verwebung der diversen Diskussionsstränge herstellen.

Begleitet wird der Troß aus vier Reisebussen von diversen nationalen und internationalen Print- und

1Fernseh-Journalisten, die für Time, Newsweek, Kanal 4, Süddeutsche Zeitung und andere von dem Vorhaben berichten werden. Die Veranstaltungen finden in den Kulturzentren Mau in Rostock (18. 6.), Scheune in Dresden (19. 6.) und Conne Island in Leipzig (20. 6.) statt. Zum Abschluß wird es noch eine Konferenz in Ost-Berlin geben. tlb

Sonntag, Fabrik, 21 Uhr

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