: Ein Teil der Wahrheit wird von den Medien vorenthalten
■ betr.: "Kriegsbilder - Bilderkrieg", taz vom 11.5.93
betr.: „Kriegsbilder – Bilderkrieg“, taz vom 11.5.93
[...] Die Fotos zeigen serbische Opfer des Bürgerkriegs – Bilder, die man in den westlichen Medien ansonsten nicht zu sehen bekommt, weil von staatlicher Seite zensiert wird (die Ausstellung wurde beispielsweise von der britischen Regierung verboten) und weil der Großteil der Medien kritiklos das Schwarzweißbild übernommen hat, das von politischer Seite vorgegeben wird. Anstatt die Einseitigkeit in der Berichterstattung zu kritisieren und zu hinterfragen, was hinter der „Satanisierung“ der Serben (Peter Glotz) steckt, wird in der taz lediglich zutreffend dargelegt, daß die exjugoslawischen Medien Kriegspropaganda betreiben.
Dies ist zweifellos richtig, aber meiner Meinung nach zeigt sich in den Artikeln das Problem, daß die deutsche Presse mit ihrer unkritischen Haltung fast ausnahmslos zum Sprecher der deutschen Außenpolitik geworden ist. Die Bundesregierung hat von Anfang an Stellung im Bürgerkrieg bezogen. Der kroatische Nationalismus wurde unterstützt, der serbische verdammt. Durch die von Deutschland durchgesetzte Anerkennung Kroatiens und Sloweniens eskalierte der Konflikt zu einem blutigen Krieg, und legitimiert wurde diese Einmischung von Anfang an durch die Dämonisierung der Serben.
Zynischerweise ging es der Bundesregierung mit ihrem Alleingang nicht um das Wohl irgendwelcher Völker, sondern vielmehr um den Zuwachs politischer Autorität gegenüber den westlichen Partnern. Mit der Anerkennungsposition wurde verdeutlicht, daß die deutsche Politik nicht länger die Rolle eines Juniorpartners spielen wollte. Der deutschen Initiative folgten weitere von seiten der USA, Frankreichs und Englands mit dem Ziel, die Initiative zurückzugewinnen und die eigene Position in der Neuen Weltordnung zu sichern.
Die Einmischung des Westens hat dazu geführt, daß die gesamte Region in ein Pulverfaß verwandelt wurde. Die Völker auf dem Balkan sind die Opfer dieses Kräftegerangels im Westen.
Bei der Ausstellung „Die verschwiegene Wahrheit“ geht es nicht darum, eine der Konfliktparteien auf dem Balkan zu unterstützen. Die Ausstellung wirft die Frage auf, warum uns serbische Opfer als ein Teil der Wahrheit in Deutschland vorenthalten werden. Ein Teil, der aber gezeigt werden muß, um eine Diskussion über die Hintergründe des Konflikts und über die deutsche Außenpolitik führen zu können. Nicht zuletzt auch eine Diskussion darüber, warum es heute vor allem linke Journalisten wie Thomas Schmidt sind, die eine militärische Intervention des Westens fordern. Sabine Eden, Journalistin
und Organisatorin der Fotoaus-
stellung „Die verschwiegene
Wahrheit“ (Informationen
unter 069/747222)
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