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EG plant gemeinsame Abschiebungspolitik

■ Vorschlag für Innenministertreffen in der kommenden Woche in Kopenhagen

Die elf Amtskollegen von Rudolf Seiters sitzen schon in den Startlöchern. Sobald der deutsche Bundestag das alte Asylrecht gekippt hat, wollen sie gemeinsam in die nächste Etappe des „Kampfes gegen die illegale Einwanderung“ gehen. Den passenden Plan dazu haben ihre Spitzenbeamten bereits erarbeitet. Der Londoner Guardian veröffentlichte gestern Einzelheiten aus dem bis dato geheimen Projekt, das schon beim nächsten turnusmäßigen Innenministertreffen am 1. und 2. Juni in Kopenhagen beschlossen werden soll.

Das Dokument nennt als Ziel die „Verbesserung der Mittel zur Identifizierung und Erfassung von Abzuschiebenden“ – womit vor allem ausländische Studenten und Immigranten, aber auch Kurzzeitbesucher und Leute, die zum Zwecke der Familienzusammenführung in EG-Länder kommen, gemeint sind. In der EG wäre damit eine neue Qualität von polizeilicher Zusammenarbeit erreicht.

Grundsätzlich alle Ausländer aus Nicht-EG und Nicht-Efta-Ländern werden in dem Dokument als verdächtig beschrieben. Sie sollen „normalerweise“ abgeschoben werden, sobald festgestellt wird, daß sie „unrechtmäßig“ in ein Gemeinschaftsland eingereist sind oder sich dort aufhalten. Abgeschoben werden sollen auch solche Ausländer, die eine Gefahr für die „nationale Sicherheit“ darstellen, deren Asylbegehren endgültig abgelehnt ist oder die ohne die nötigen Papiere arbeiten. Schließlich werden Abschiebungen auch für Ausländer empfohlen, die Fluchthilfe leisten. Zur Umsetzung dieser Politik sollen die EG-Länder die Personenkontrollen verstärken.

Entstanden ist das Vorhaben in der „Untergruppe Abschiebungen“, die aus der seit Jahren tätigen „Ad Hoc Gruppe Immigration“ hervorgegangen ist. Letztere Arbeitsgruppe trifft sich grundsätzlich unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Sie gehört nicht zur offiziellen Struktur der Europäischen Gemeinschaft und wird von keiner EG-Behörde kontrolliert. Ihre Mitglieder – hohe Beamte der Innen- bzw. Einwanderungs- oder Justizministerien der EG-Länder – sind lediglich ihren nationalen Regierungen gegenüber rechenschaftspflichtig.

Vor allem die neue französische Regierung soll auf eine engere Zusammenarbeit gegen „illegale Immigration“ gedrängt haben. Auf nationaler Ebene hat Premierminister Edouard Balladur bereits eine Intensivierung der Personenkontrollen angekündigt.

Für das Innenministertreffen in Kopenhagen, das trotz aller Transparenzvorhaben der EG unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfindet, ist auch eine Debatte über Flüchtlinge aus Ex-Jugoslawien geplant. Beobachter bezweifeln jedoch, daß es zu der unter anderem von der Bundesrepublik gewünschten Lastenteilung kommt. „amnesty international“ appellierte gestern in einem Brief an die Regierungen der EG-Länder, den Visum-Zwang für Flüchtlinge aus Bosnien aufzuheben. dora

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