piwik no script img

Heftige Debatten um Waigels Angriff auf den Sozialstaat

■ Abschließende Solidarpakt-Beratungen

Bonn (AFP/taz) – „Ohne Schweiß wird es nicht abgehen“: Mit der üblichen „Alle in einem Boot“-Rhetorik hat die Bonner Koalition am Donnerstag im Bundestag ihre Durchlöcherung des sozialen Netzes verteidigt. Angesichts der „schärfsten Konjunkturkrise“ seit Bestehen der Bundesrepublik seien 1994 Kürzungen im Sozialbereich dringend notwendig, sagte Finanzminister Theo Waigel: „Wir werden unseren Preis für die Einheit zahlen müssen.“ FDP-Chef Otto Graf Lambsdorff betonte: „Die Deutschen leben über ihre Verhältnisse.“ Der Graf ließ allerdings offen, ob er sich auch in diesem Fall zu den Deutschen zählte.

Mit scharfer Kritik reagierte die Opposition. Die SPD warf der Regierung eine „beispiellose Zerrüttung der Staatsfinanzen“ und Gefährdung des sozialen Friedens vor. Ihr Sozialexperte Rudolf Dreßler erklärte, seine Fraktion werde die „Kahlschlagorgie“ der Koalition nicht akzeptieren. Der SPD-Haushaltsexperte Helmut Wieczorek bezeichnete die geplanten Leistungskürzungen als einen Akt beispielloser Piraterie, als „Ausplünderung der kleinen Leute“.

Ebenfalls heftig reagierten die Gewerkschaften und der Paritätische Wohlfahrtsverband auf die Pläne der Bundesregierung. Die ÖTV warf Bundesfinanzminister Theo Waigel und Wirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) einen „frontalen Angriff“ auf Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger und Arbeitnehmer vor. Falls die Regierung ihre „skandalösen Kürzungsvorhaben“ weiterverfolge, stünden dem Land dramatische soziale Spannungen bevor. Tagesthema Seite 3, Kommentar Seite 10

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen