■ Offener Brief: an die SPD,Bonn
an die SPD, Bonn
Liebe SPD. Das ist ein starkes Stück, was Du Dir mit dem Asylkompromiß geleistet hast. Wie sehr habe ich gehofft, Dir möge im letzten Moment doch noch mal der Geist Deiner Gründerväter in die alten Knochen fahren. Statt dessen hast Du Dich über den Stammtisch ziehen lassen. Und wenn ich's recht bedenke, war an Deinen Kompromissen ja schon immer etwas faul.
Doch warum in aller Welt mußtest Du den letzten Rest politischen Anstands verschachern? Grenzenlos ist nun nur noch die Heuchelei! Gibt es nach alledem irgendeine Niederträchtigkeit, die Dir nicht zuzutrauen wäre?
Nun; wie lange – glaubst Du – wird Dir der Judaslohn für dieses Blutopfer noch über die Fünfprozenthürde helfen? In den Palästen der Macht bist Du so fett und lahm geworden, daß Dir noch nicht mal mehr ein zartes „Friede den Hütten“ über die Lippen kommt. Geschweige denn: „Schutz vor Verfolgung, Folter und Mord!“ Schau, Dein Nachwuchs zeigt schon mit Fingern auf Dich und singt: „Vor meinem Vaterhaus steht eine Blinde.“
Liebe SPD. Im Grunde bleiben Dir nur zwei Auswege aus Deiner Late-Life-Crisis: Rückkehr zu Deinen Wurzeln und Neubeginn oder Abstieg in Bedeutungslosigkeit und Selbstauflösung: „dem Abendrot entgegen...“. Helmut Oberst, Baden-Baden
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