: Baku wußte von nichts
■ Aserbaidschans Regierung lehnt Verantwortung für Kämpfe ab
Baku/Berlin (AFP/ap/taz) – Das Parlament in Baku streitet seit gestern über die blutigen Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und Rebellen in der Stadt Gjandźa im Westen des Landes, bei denen am Wochenende rund 70 Menschen ums Leben gekommen waren. Reihenweise lehnten Spitzenpolitiker die Verantwortung für den Militäreinsatz ab. Staatspräsident Abulfaz Eltschibej nannte ihn „falsch“ und behauptete, er sei vorher nicht informiert worden. Die Weigerung der Rebellen, ihre Waffen abzugeben, hätte nicht zur Gewaltanwendung berechtigt. Auch Innenminister Abdullah Allakwerdijew bestreitet, etwas von dem Einsatz gewußt zu haben, an dem Truppen seines Ministeriums beteiligt waren. Ein Untersuchungsausschuß des Parlaments schiebt dem inzwischen geflüchteten Kommandanten der Truppen des Innenministeriums, Fachmin Gadschijew, die Verantwortung in die Stiefel.
In Gjandźa, das am Montag in die Hände der Rebellen gefallen war, gab es gestern neue Gefechte. Innenminister Allakwerdijew erklärte, die gut ausgerüsteten Aufständischen würden weiterhin etwa 1.250 regierungstreue Soldaten sowie vier hohe Mitarbeiter der Regierung als Geiseln festhalten. Darüber, ob mit den Rebellen über eine Freilassung der Geiseln verhandelt wird oder nicht, machten einzelne Spitzenpolitiker in Baku höchst widersprüchliche Angaben.
Unklar war auch, ob das Rücktrittsangebot von Premier Panach Gusseinow angenommen würde. Die Rebellen hatten unter anderem seine Ablösung gefordert. Möglicherweise verzeichneten die Rebellen auch in anderen Städten im Zentrum und an der Küste des Landes militärische Gewinne. Parlamentspräsident Issa Gambarow mutmaßte, die Rebellion sei von Russen angezettelt worden, um ein pro-russisches Regime in Baku an die Macht zu bringen.
Die Gefechte hatten begonnen, nachdem Regierungstruppen in Gjandźa eingerückt waren, um eine dem ehemaligen aserbaidschanischen Befehlshaber in Berg-Karabach unterstellte, rebellierende Militäreinheit niederzuschlagen. dora
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