: "Protest gegen Multi-Kulti-Weekend"
■ Betr.: Viel Völker Stadt Hamburg, vom 5.6.
Betr.: Viel Völker Stadt Hamburg, vom 5.6.
Sehr geehrter Herr von Appen,
Vorurteile ersetzen sorgfältige Analysen - wenn Sie Ihre Meldungen vom Freitag und Samstag nach einem Telefonat mit uns geschrieben hätten, hätten Sie manches nicht geschrieben, weil es einfach falsch ist.
1. Veranstalter war nicht die Kulturbehörde, sondern die Patriotische Gesellschaft.
2. Die Bürgerschaft beschloß und wies die Kulturbehörde an, einen Zuschuß von 50 000 Mark zu leisten. Die fehlenden 2/3 trugen die Ausländerinitiativen ebenso zusammen wie der Veranstalter, unter anderem aus Spenden und Beiträgen von Beteiligten und Unbeteiligten.
3. Die Inhalte des Forums wurden in 18monatiger Vorbereitung im Plenum ausschließlich von ca. 50 deutschen und ausländischen beteiligten Vereinigungen gefunden, wobei unsere ausländischen Freunde mehrheitlich vertreten waren.
4. Kein Wort in Ihrer heutigen Ausgabe über die von den Veranstaltern allein zu verantwortende Deeskalation. Nachdem am Freitag im Plenum beschlossen worden war, die Veranstaltungen an diesem Tag ausfallen zu lassen, wurde den Demonstranten erlaubt, sowohl an diesem Tag als auch am Sonntag sich der Bühne zu bemächtigen und ihre Sicht der Dinge dem Publikum darzustellen. Weder wurden Mikrofone abgeschaltet noch andere Maßnahmen getroffen, die zu einem Eingreifen der Ordnungskräfte zwangsläufig geführt hatten.
5. Wenn Sie sich der Mühe unterzogen hätten, am Sonntag an einem der Diskussionsforen teilzunehmen, hätten Sie aus dem Munde eines Mitgliedes von SOKONI e.V. vernehmen können, daß er überhaupt kein Verständnis für die Absage am Freitag hatte.
6. Für die von den Demonstranten gezeigte Intoleranz hatte außer ihren strategisch verteilten Sympathieklatschern kein Anwesender Verständnis. Es war ihr Ziel, die freie Auseinandersetzung mit dem Wort zu verhindern. Daß wir als eine der Gewaltfreiheit verpflichtete Aufkärungsgesellschaft dieses zuließen, hat uns einige Vorwürfe eingebracht.
7. Vorsichtige Schätzungen gehen von 20 000 Besuchern aus, denen unsere ausländischen Freunde an ihren Ständen ihre Sicht der Dinge nahebringen konnten. Darunter waren auch eine Anzahl auswärtiger Besucher. Wir denken, daß wir unser Ziel, den Einwanderern Gelegenheit zu geben, sich selbst darzustellen, durch die Vielfalt der Angebote erreicht haben.
Eines steht fest: die selbsternannten Vertreter der Interessen unserer ausländischen Freunde werden von diesen nicht akzeptiert. Im Gegenteil, das von uns zu verantwortende Forum gab ihnen Gelegenheit, sich selbst zu artikulieren. Alle Inhalte waren mit ihnen abgestimmt und weitgehend von ihnen selbst gestaltet. Wir sollten aufhören, sie zu bevormunden und ihnen lieber Hilfe zur Selbsthilfe anbieten. Wir glauben, daß wir dieses Ziel zumindest teilweise erreicht haben. Andere mundtot zu machen, ist keine von uns akzeptierte Form der Auseinandersetzung. Wir gaben nach um des Friedens in dieser Stadt willen und bedanken uns ausdrücklich bei denen, die dafür Verständnis hatten.
Ihnen, sehr geehrter Herr von Appen, empfehlen wir das AUDIATUR ET ALTERA PARS. Erich Braun-Egidius,
Hamburgische Gesellschaft zur
Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe (Patriotische Gesellschaft von 1765)
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