: Hohe Gewaltakzeptanz, wenig ausländische Freunde
■ Umfrage zeigt signifikante Unterschiede zwischen Ost- und Westjugendlichen
Bonn (dpa) – Viele ostdeutsche Jugendliche stehen Ausländern ablehnend gegenüber. Wie eine vom Bundesjugendministerium in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage ergab, sind für 17 Prozent der jungen Menschen in den neuen Bundesländern zwischen 14 und 27 Jahren Ausländer im eigenen Freundeskreis „überhaupt nicht denkbar“. Dagegen lehnen nur drei Prozent der im Westen lebenden Jugendlichen Ausländer als Freunde ab. Die Befragung ergab auch, daß sechs Prozent der Jugendlichen im Osten und vier Prozent im Westen Gewalt gegen Ausländer rechtfertigen.
Bundesjugendministerin Angela Merkel (CDU) sprach bei der Vorstellung der Studie am Mittwoch in Bonn von einer „viel zu hohen Akzeptanz von Gewalt“ unter Jugendlichen, wollte jedoch kein „Horrorgemälde“ zeichnen. Daß nur 19 Prozent der Jugendlichen im Osten überhaupt Ausländer zu ihren Freunden zählen (im Westen: 66 Prozent) liege vor allem an der geringer Zahl von Ausländern in den neuen Bundesländern. Hier sei die Abgeschlossenheit der Gesellschaft noch „deutlich spürbar“.
Prof. Hans-Uwe Otto, Vorsitzender der Sachverständigenkommission zum 9. Jugendbericht der Bundesregierung, sprach von einem „Verlust an Mitmenschlichkeit“ in den neuen Bundesländern durch den zunehmenden Konkurrenzdruck in Schule und Beruf. Nach seiner Meinung kann aus den vorliegenden Zahlen jedoch nicht automatisch auf ein gravierendes Gewaltpotential geschlossen werden. Wer Verständnis für Gewalt zeige, werfe nicht gleich selbst Steine auf Asylbewerber.
Bei Gewalttaten gegen Ausländer würden 67 Prozent der Jugendlichen im Osten (70 Prozent im Westen) die Polizei zu Hilfe rufen. Frau Merkel erklärte dazu, daß sich die Bevölkerung vor allem im Osten nur noch wenig Hilfe von staatlichen Stellen erwarte. Hier sei eine deutliche Verunsicherung spürbar.
Insgesamt wurden im Frühjahr jeweils rund 1.000 junge Leute in Ost und West befragt. Nach Meinung der Ministerin zeigen die Antworten ein „überwiegend positives“ Bild. 71 Prozent der jungen Menschen im Osten stünden hinter der Entscheidung, in der ehemaligen DDR eine politische Ordnung nach westlichem Muster einzuführen. Allerdings hätten sich für 46 Prozent die Erwartungen an die deutsche Einheit nicht erfüllt. Als besondere Problemgruppe nannte Merkel die Jugendlichen mit niedrigem Bildungsniveau. Die Politik müsse sich hier auf die Schaffung von Arbeitsplätzen konzentrieren.
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