: Paragraph 218: Hamburger Weg
■ Runde verspricht Fortsetzung der liberalen Praxis
Heute läuft die Frist für die Fristenregelung bei Schwangerschaftsabbrüchen ab. Von morgen an gelten auch in Hamburg die neuen Richtlinien des Bundesverfassungsgerichtsurteils zum Paragraphen 218. Doch die medizinischen und bürokratischen Hürden sollen, so Sozialsenator Ortwin Runde, für Hamburgerinnen so erträglich wie möglich gestaltet werden.
Gesetz ist Gesetz, und somit auch auslegbar. „Wir wollen den Gestaltungsspielraum des Urteils optimal nutzen, um die bewährte Praxis zu erhalten“, sagte Runde auf der gestrigen Pressekonferenz. So solle an einer liberalen Beratungspraxis festgehalten werden. Schließlich sei in der Hansestadt die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche kontinuierlich zurückgegangen.
Nach dem novellierten Gesetz dürfen fortan Beratung und Schwangerschaftsabbruch nicht mehr unter einem Dach stattfinden. Doch das traf schon bisher in Hamburg lediglich auf ein paar ärztliche Gemeinschaftspraxen zu. Für das Familienplanungszentrum wurde bereits eine Lösung gefunden: Die Ärztinnen, die die Abbrüche vornehmen, sind nicht bei der Beratungsstelle beschäftigt. Und die räumliche Trennung ist gegeben, da Beratung und medizinischer Eingriff in voneinander abgeschlossenen Wohnungen stattfinden.
Keine Bettelei beim Sozialamt
Um eine anonyme Beratung zu gewährleisten, wird in Hamburg die schwangere Frau in Zukunft eine Beratungsnummer erhalten. Braucht sie jedoch eine Bescheinigung über das Gespräch, für die ihre Personalien erforderlich sind, wird die Bearbeitung von einer anderen Person vorgenommen.
Finanziell bedürftige Frauen, die für den Abbruch Anspruch auf Sozialhilfe haben, müssen sich nicht mit viel Papierkram belasten. Eine „Selbsteinschätzung des eigenen Einkommens“ werde anerkannt, versprach Runde. Unterhaltspflichtige Angehörige sollen nicht belangt werden.
Auch die Ärzte haben einen Spielraum bei der Kostenberechnung. „Der bloße Eingiff kostet 89,90 Mark“, sagte Gerhard Andersen, Arzt im Gesundheitsamt. Alle übrigen Untersuchungen müsse der Arzt ja in jedem Fall vornehmen, ob eine Frau nun abtreiben oder ein Kind austragen wolle. Diese Kosten können nach wie vor mit den Krankenkassen abgerechnet werden.
Katrin Wienefeld
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen