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Daddy

■ Öder Thriller: „Im Bann des Zweifels“ von Jonathan Heap

Die Geschichte läßt sich in zwei Sätzen erzählen: Frank Braswell (Donald Sutherland) der, heftigst seine Unschuld beteuernd, über 20 Jahre wegen des Mordes an seiner Frau im Gefängnis saß, wird entlassen und steht bei seiner Tochter Karen (Amy Irving) vor der Tür, die ihn als Kind mit ihrer Aussage in den Knast gebracht hat. Karen, alleinerziehende Mutter eines 11jährigen Sohnes, arbeitet als Kellnerin in einer Oben-ohne-Bar und fürchtet nun Daddys Rache.

Donald Sutherland trägt einen ziemlichen Bauch vor sich her, aber das ist nicht der Grund, warum dieser Thriller eine so langweilige Angelegenheit ist. Der Regisseur arbeitet mit allzu plumpen Mitteln, als daß da noch Spannung aufsteigen könnte. Wenn der Vater auftaucht, wird die Musik so aufdringlich bedrohlich, daß man dem Komponisten am liebsten eine reinhauen möchte. Bedeutungsvolle Einstellungen auf den Fluß, wo Braswell seinen Enkel kennenlernt, können einfach nicht suggerieren, daß der Kleine ertränkt wurde, weil der Film gerade eine halbe Stunde läuft und es dafür doch noch viel zu früh wäre. Und die Kulisse während der Verfolgungsjagd am Schluß ist einem so verteufelt vertraut aus irgendeiner Zigaretten-Reklame.

Aber zwei Bilder gibt es schon in diesem Film, die schlichtweg gelungen sind. In einer Szene versteckt Braswell sich im Auto, um einen jungen Angeber zurechtzustutzen, der Karen belästigt hat. Sutherland nimmt ihn von hinten in den Schwitzkasten und dann schmiegt er einen Moment sein Gesicht an das des Jungen, mit einer Geste, die so zärtlich wie bedrohlich ist. Bedrohlich vor allem, wenn man sich an Richard Gere als alten ausgekochten Bullen in „Trau ihm, er ist ein Cop“ erinnert. Der hielt seinen verletzten jungen Kollegen, genauso im Arm, und mit derselben Bewegung der Zuwendung erwürgte er ihn.

In der anderen Szene ist Braswell gerade festgenommen worden. Er in Handschellen, der Polizist mit einer Pistole bewaffnet. Aber Sutherland tritt ihn mit einer Wut zusammen, die fast nicht von dieser Welt ist, keine Waffe könnte das verhindern. Von unten gefilmt, aus der Perspektive des am Boden liegenden Polizisten, sieht er aus wie Gott. Ein zorniger Gott, der die Söhne tötet, die ihm seine Tochter wegnehmen wollen. as

„Im Bann des Zweifels“ von Jonathan Heap, USA 1992. Kamera: Johnny E. Jensen. Mit: Donald Sutherland, Amy Irving, Rider Strong u.a.

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