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Haiti-Gespräche beginnen „positiv“

■ Verhandlungen zwischen Aristide und Armeeführer Cedras

New York/Port-au-Prince (AFP/wps) – Auf einer kleinen Insel bei New York finden seit Sonntag in „eher angenehmer Atmosphäre“ Verhandlungen über eine Rückkehr Haitis zur Demokratie statt. Die beiden Delegationen, die einerseits von dem 1991 gestürzten Exil-Präsidenten Jean Bertrand Aristide und andererseits vom haitianischen Armeechef Raoul Cédras angeführt werden, sind noch nicht direkt zusammengetroffen: Aristide hält sich mit seinen vierzig Beratern in einem Haus auf, das rund hundert Meter von der Unterkunft der Militärs entfernt liegt.

Aber UNO-Vermittler Dante Caputo sprach einzeln mit den beiden Kontrahenten, die sich seit dem Militärputsch vom September 1991 nicht mehr getroffen haben. Danach gab Caputo vor wenigen Journalisten auf der streng bewachten Insel bekannt, daß beide Parteien „nicht nur eine sofortige Antwort auf die Krise“ geben wollten, sondern nach „dauerhaften und stabilen Lösungen“ für das Land suchten. Die Gespräche werden nach Caputos Einschätzung „drei bis vier Tage“ dauern. „Ich glaube, bis jetzt ist es positiv gewesen“, meinte er. Caputo, der von UNO und OAS (Organisation Amerikanischer Staaten) mit der Vermittlung zur Lösung der Haiti- Krise beauftragt ist, will Cédras dazu bringen, einen festen Termin für die Rückkehr des demokratisch gewählten Aristide als Präsident nach Haiti zu akzeptieren. Aristide soll im Gegenzug einer Amnestie für das Militär zustimmen. Die UNO will eine internationale Polizeitruppe nach Haiti entsenden, was sowohl die Armee wie Aristide bisher abgelehnt haben.

Letzte Woche hatte Aristide die „sofortige Absetzung“ von Cédras und der Armeeführung gefordert, wurde aber von US- und UNO-Diplomaten davon wieder abgebracht. Am letzten Mittwoch war ein umfassendes UNO-Embargo gegen Haiti in Kraft getreten.

Vor dem UN-Sitz in New York demonstrierten am Sonntag rund 5.000 Exil-Haitianer für den früheren Armenpriester Aristide. Mit Plakaten wie „Keine Verhandlungen mit den Putschisten“ protestierten sie gegen die Gespräche. Sie nannten Cédras einen „Mörder“ und „Drogendealer“.

Auf Haiti selber kam es am Sonntag zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Aristide-Anhängern. Während einer im Fernsehen übertragenen Messe des Bischofs Joseph Lafontant in der Notre-Dame-Kirche in einem Armenviertel der Hauptstadt Port-au-Prince riefen Gemeindemitglieder Parolen wie „Lang lebe Aristide!“. Daraufhin stürmten Polizisten die Kirche und schlugen ausgewählte, von Informanten aufgezeigte Gottesdienstteilnehmer zusammen. Fünfzehn von ihnen wurden verhaftet.

Die TV-Übertragung der Messe brach eine Minute nach Beginn des Polizeieinsatzes ab und wurde durch eine Videokassette mit einer Rede des Armeechefs Cédras ersetzt, die dieser vor seiner Abreise nach New York am Freitag gehalten hatte. „Keine Unordnung, bitte!“ war darauf zu hören. „Keine einizige Kugel soll abgefeuert werden, während ich nicht da bin.“

Die in Haiti stationierten UNO- Beobachter protestierten bei den Behörden über den Vorfall. „Es ist offensichtlich, daß die Leute illegal verhaftet wurden“, sagte ein Diplomat aus Trinidad. „Man kann ihnen nicht verbieten, in die Kirche zu gehen, und man kann ihnen nicht verbieten, sich für Aristide auszusprechen.“

Wenige Stunden nach der gewaltsamen Beendigung des Gottesdienstes fanden sich etwa 200 Menschen zu einer Kirchenprozession durch die Hauptstadt zusammen. Der Bläserchor der haitianischen Armee schloß sich überraschend der Prozession an, die nicht angegriffen wurde.

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