Das Postpaket ist abgeschickt

Die Fraktionen von CDU/CSU, SPD und FDP haben der Umwandlung der Post in drei Aktiengesellschaften grundsätzlich zugestimmt  ■ Von Annette Jensen

Berlin (taz) – Die zweite Postreform hat ihre erste Hürde überwunden. Am Dienstag abend konnte Minister Wolfgang Bötsch verkünden, daß die Fraktionen von CDU/CSU, SPD und FDP der Umwandlung der drei Posttöchter in Aktiengesellschaften grundsätzlich zugestimmt haben. Nach der Sommerpause will Bötsch einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen. Der Christdemokrat glaubt, daß die Reform noch vor den nächsten Bundestagswahlen auf den Weg gebracht sein wird.

Außer Artikel 87 Grundgesetz müssen etwa 300 Gesetze geändert werden. „Die Entscheidung ist freilich noch kein Blankoscheck“, meinte ein Mitarbeiter der Sozialdemokraten gestern. Die tatsächlichen Differenzen hat die interfraktionelle Arbeitsgruppe durch schwammige Formulierungen nur verwischt.

Klar ist zunächst, daß die Posttöchter unter dem Dach einer Holding als Anstalt des öffentlichen Rechts arbeiten sollen. Nur durch diese Konstruktion konnten die SPD-Vertreter gewonnen werden, die die Behörde in eine verselbständigte staatliche Verwaltung umwandeln wollten. Ausgespart haben die Fraktionen hingegen die heikle Frage, welche Aufgaben die Holding haben soll. Während die SPD-Abgeordneten ihr relativ viele Kompetenzen zugestehen wollen, möchten die Regierungsparteien möglichst weitgehend verhindern, daß die Holding in die Aktiengesellschaften hineinregieren kann. Sie soll lediglich das Kapital des Bundes halten, die Überleitung des Personals regeln und die Einhaltung der Infrastrukturaufgaben überwachen.

Der zweite politische Knackpunkt ist die Frage der Mitbestimmung. Die SPD fordert, genau wie die Postgewerkschaft, eine paritätische Besetzung des Aufsichtsrats ohne ein doppeltes Stimmrecht für den Vorsitzenden. Die Regierungskoalition will hingegen festschreiben, daß der Aufsichtsratsvorsitzende im Zweifelsfall das letzte Wort hat.

Als eher technisches Problem gilt den Politikern die Überleitung des Personals in die neue Konstruktion. Zur Zeit arbeiten etwa 700.000 Menschen bei der Post, knapp die Hälfte davon sind Beamte. Vermutlich werden sie, ähnlich wie bei Bundes- und Reichsbahn, von einer Personalüberleitungsgesellschaft übernommen, die sie an die drei AGs ausleiht. „In den ersten Papieren war von den Beschäftigten nicht einmal in einem Satz die Rede“, beschwert sich Rudi Vetter von der Deutschen Post Gewerkschaft. In dem jetzt verabschiedeten Kompromiß heißt es: „Die beruflichen Perspektiven des Personals werden gesichert. Das Personalrecht der Unternehmen knüpft an die bisherigen Tarifverträge der deutschen Bundespost an und berücksichtigt im Übergang beamtenrechtliche Bindungen.“

Daraus, daß Personal gespart werden soll, macht der Sprecher des Postministeriums Udo Hawemann keinen Hehl. „Daß die AGs aber das vorhandene Personal übernehmen müssen – darüber gibt es keine Diskussion.“ Natürliche Fluktuation und möglicherweise vorgezogener Ruhestand sollen die Reihen lichten. Die Deutsche Postgewerkschaft lehnte gestern die Beschlüsse ab. Der Deutsche Postverband, die Organisation der Beamten, sprach von einem „schwarzen Tag“ in der Postgeschichte.

Aus Unternehmenssicht ist die geplante Postreform vor allem für die Telekom von Vorteil. Zum einen, weil Finanzminister Theo Waigel nicht mehr in deren Kasse greifen kann, zum anderen, weil das Unternehmen nun auch im Ausland tätig werden darf. Trotz der strategisch günstigeren Lage müssen die deutschen Telefonmanager bisher tatenlos zusehen, wie Briten und Amerikaner dicke Einnahmen auf dem expandierenden Telekommunikationsmarkt in Osteuropa einstreichen.

Postminister Bötsch hofft, daß schon 1996 Telekomaktien an den Börsen gehandelt werden. Der Bund soll mindestens 50 Prozent plus eine Aktie behalten – bis zum Auslauf der Monopole nach EG- Recht. Das wird im Telefonbereich 1998 sein: Dann dürfen überall in der Europäischen Gemeinschaft private Gesellschaften ihre Dienste anbieten.

Die Postbank allein wird wohl in absehbarer Zeit kein Renner auf dem Aktienmarkt werden. Deshalb soll sie sich Partner suchen. Außerdem will die SPD Postbank und die defizitäre gelbe Post eng verzahnen, insbesondere um die Schließung vieler kleiner Postämter zu verhindern.

Daß künftig auch in kleinen Käffern noch Briefe ankommen und Telefonanschlüsse gelegt werden, soll durch die Festschreibung des Infrastrukturauftrages im Grundgesetz gesichert bleiben. Eine neu zu gründende Bundesbehörde soll deren Einhaltung überwachen, das Postministerium wird abgewickelt.