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"Dy-in" auf dem Ku'damm

■ Bundesweiter Warnstreik von Zivildienstleistenden gegen Somalia-Einsatz der Bundeswehr und Kürzungen der Bezüge

Mit einem Warnstreik, einer Protestkundgebung und einem „Dy-in“ haben Berliner Zivildienstleistende gestern gegen den Somalia-Einsatz der Bundeswehr und gegen die Kürzungen ihrer Bezüge protestiert. Zwischen 200 und 300 der insgesamt 2.100 Berliner Zivildienstleistenden verweigerten symbolisch für eine Stunde ihren Dienst, weitere 100 bis 150 streikten nach Angaben der „Selbstorganisation der Zivildienstleistenden“ den ganzen Tag. Mit dem bundesweiten „Warnstreik“ wollten die Zivis zeigen, daß „die Entscheidung zur Kriegsdienstverweigerung jetzt bedeutet, daß wir uns aktiv wehren müssen“, wie Matthias Bähr von der Berliner „Landeskonferenz der Zivildienstleistenden“ auf der Protestkundgebung sagte. Gleichzeitig protestierten die Zivis gegen die im Rahmen des „Solidarpaktes“ beschlossenen Kürzungen ihrer Bezüge um zwölf Prozent.

Die Beteiligung der Bundeswehr an dem UNO-Blauhelmeinsatz stelle nur die erste Etappe dar, „um Krieg wieder gesellschaftsfähig zu machen und militärischen Konflikten eine ,humanitäre‘ Legitimation zu verleihen“, heißt es in dem Appell der Berliner Zivis gegen den Somalia-Einsatz, für den die Streikenden gestern Unterschriften sammelten. Es sei „nur noch eine Frage der Zeit, bis erneut deutsche wirtschaftliche Interessen mit Waffengewalt vertreten“ würden.

Nur rund 50 Kriegsgegner waren am Nachmittag zu der Kundgebung am Breitscheidplatz gekommen. „Die Angst vor Disziplinarstrafen ist wohl ziemlich groß“, kommentierte Carsten Dannel von der „Landeskonferenz“ die geringe Streikbeteiligung. Zudem seien viele Dienststellen „relativ autonom“, die Zivildienstleistenden daher schwer zu mobilisieren. Das konnte ein Kundgebungsteilnehmer bestätigen: „Ich habe nur zufällig von dem Streik gehört.“ Nach Dannel sind viele Zivildienstleistende im Vorfeld durch „gezielt gestreute Falschinformationen“ seitens ihrer Dienststellen vom Streiken abgeschreckt worden. Diese besagten, daß den Zivis bei Teilnahme Strafanzeigen drohten. Er rechnet für die Streikteilnehmer mit Geldstrafen in Höhe von etwa 100 Mark.

Im Anschluß an die Kundgebung legten sich etwa 20 Kriegsgegner auf die Fahrbahn und blockierten so vorübergehend den Verkehr auf dem Kurfürstendamm. Mit diesem „Dy-in“ wollten die Aktivisten die unvermeidlichen Folgen von Militäreinsätzen veranschaulichen. Nach etwa 30 Minuten trugen Polizeibeamte die Demonstranten von der Fahrbahn. Die Zivis planen für den 19.Juli einen weiteren „Warnstreik“. ujo

Spendenkonto: „Zivistreik“, Konto 205 000 7895, Berliner Sparkasse.

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