Schlagkräftige Kontrolle

■ Rechnungshof-Chef Politikern schärfer auf die Finger klopfen

Klartext reden, politisch selbstbewußt daherkommen, in großen Zusammenhängen denken, Geld aus großen Töpfen statt aus kleinen Taschen holen, Bürokraten im freundlichen Gespräch überzeugen - wer wollte das nicht gern? Wenn aber eine staubtrockene Institution wie der Hamburger Landesrechnungshof daherkommt und diese Ziele plötzlich für sich in Anspruch nimmt, dann wittern manche Unrat.

Acht JournalistInnen, vier Damen und vier Herren, eine quotengerechte Auslese der Hamburger Medien, lauschten gestern nachmittag teils verblüfft, teils genervt den Ausführungen eines 58jährigen Herren, der seinen Job nicht einfach als Schlaflied zum Ruhestand begreifen will: Dr. Hermann Granzow will mehr.

Granzow ist Chef von 151 Menschen, die nur ihm und der Hamburger Verfassung verpflichtet sind. Er ist Chef des Landesrechnungshofes, dessen Einrichtung die britischen Befreier 1948 gegen heftigen Widerstand des Senats durchsetzten. Nun will Granzow diese Einrichtung zu einer schlagkräftigen Kontrolleinrichtung der Politik ausbauen. Ein im Dialog mit den Mitarbeitern seiner Institution entwickeltes „Zielbild“, von Granzow gestern den Medien präsentiert, erhebt hohe Ansprüche.

Statt nachträglich hinter verschlossenen Türen und in endlosen schriftlichen Streitereien mit der Hamburger Verwaltung Kleckerkram wie beispielsweise falschen Haushaltstitelnummern hinterherzujagen, will der Rechnungshof jetzt richtig zuschlagen: Vorausschauend und mit „zeitnaher“ Veröffentlichung von Vorfällen sollen jetzt vor allem „bedeutsame Probleme und Mängel“ geprüft und mit „unmißverständlicher Deutlichkeit“ angeprangert werden. Die Verwaltung will Granzow dagegen sanfter anfassen: Statt Schriftsätze im Kasernenhofstil anzufertigen, sollen seine kompetenten Mädels und Jungs „das kollegiale Gespräch“ suchen und Überzeugungsarbeit leisten statt Aktenvermerke anzufertigen. Granzow: „Meist hat auch die Politik schuld.“ SPD-Fraktionschef Günter Elste und Spitzenkandidat Voscherau ist Granzow schon heute ein Dorn im Auge. Sie empfinden seine öffentliche Kritik, z.B. an der unsoliden Hamburger Haushaltspolitik, als freche politische Einmischung. Granzow wird mit diesem Lob leben können. Schließlich ist es ein Indiz dafür, daß hier ein Staatsbeamter Worten auch einmal Taten folgen läßt. Florian Marten