: An den Engeln scheiden sich die Geister
■ Guardian Angels patroullieren seit drei Monaten in U-Bahn / Jugendsenator lobt die Truppe, Polizeichef und Grüne warnen
Die Berliner „Guardian Angels“, eine Gruppe von rund 85 meist jungen Menschen, die seit drei Monaten nach amerikanischem Vorbild durch Patrouillen die U-Bahn sicherer machen wollen, haben gestern öffentliche Unterstützung von Jugendsenator Krüger erfahren – und Kritik von seiten des Polizeipräsidenten und der Grünen auf sich gezogen. Auf einer Pressekonferenz in der Senatsjugendverwaltung erklärte die „internationale Koordinatorin“ der Guardian Angels, Nigelle de Bar, ihre Gruppe verstehe sich nicht als Polizeiersatz, ihre Arbeit bedeute „zu 99 Prozent reden und erste Hilfe leisten“.
De Bar wies darauf hin, daß die Mitglieder ehrenamtlich und unbewaffnet arbeiten. Hauptziel der „politisch unabhängigen“ Organisation sei „das Recht aller Menschen, frei von Gewalt und Belästigung zu leben“. Die Berliner hätten durch ihre Reaktionen gezeigt, „daß sie uns mit offenen Armen empfangen haben“.
Auch Jugendsenator Thomas Krüger sah das Gewaltmonopol des Staates durch die Gruppe nicht in Frage gestellt: „Das ist ja keine Bürgerwehr oder ein privater Wachdienst“, sondern sei eine „Ergänzung der präventiven Arbeit der Polizei“. Krüger begrüßte die Absicht der Gruppe, „Zivilcourage zu zeigen und nicht tatenlos zuzuschauen, wenn beispielsweise jemand in der U-Bahn zusammengeschlagen wird“. Insofern hätten die „Guardian Angels“ – meist Jugendliche im Alter zwischen 15 und 25 Jahren – „eine Vorbildfunktion für uns alle“.
Auf die Frage, ob die Ausbildung der Gruppe – immerhin erlernen Mitglieder neben Kommunikationstraining auch verschiedene Kampfsporttechniken – nicht darauf ausgelegt sei, Gewalt mit Gewalt zu begegnen, sagte Krüger: „Nein, denn es handelt sich nur um aktiven Opferschutz.“ Er räumte jedoch ein: „Die Diskussion um die ,Guardian Angels‘ und das Gewaltmonopol der Polizei muß geführt werden.“ Das politische Problem sei die Kontrolle der „Guardian Angels“. Die Gruppe habe aber gezeigt, daß sie „um Offenheit bemüht“ sei. De Bar sagte, man habe der Polizei eine Mitgliederkartei angeboten; sie sei aber aus datenschutzrechtlichen Gründen abgelehnt worden.
Polizeipräsident Saberschinsky erklärte gestern, die ohne amtliche Kontrolle und Befugnisse agierenden Jugendlichen seien für die Sicherheit „eher problematisch als hilfreich“. Auch der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Grüne, Wolfgang Wieland, warnte vor „Möchtegern-Rambos und selbsternannten Hilfssheriffs“. Der „Skandal um die Freiwillige Polizeireserve“ habe gezeigt, zu welchen Auswüchsen solche Einheiten führen könnten. ujo/taz
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