Bullen beschnüffeln auch die Bauern

■ Portugals Geheimpolizei (SIS) liegt auf der Lauer

Die portugiesischen Bauern sind auf den Barrikaden. Der Preisverfall bei den Agrarprodukten hat ihren wütenden Protest ausgelöst. Bei einer Demonstration vor dem Parlament trat die Bereitschaftspolizei massiv in Erscheinung, um die Bauern auf Distanz zu den Volksvertretern zu halten. Diskreter dagegen das Auftreten der Sicherheitskräfte beim Bauernprotest in Guarda. In dieser Stadt im Osten des Landes hatten sich mehr als tausend Bauern versammelt, um wieder einmal gegen die Agrarpolitik von Regierung und EG zu demonstrieren. Die Regierung schickte ihnen wiederum die Polizei auf den Hals. Genauer: Die Geheimpolizei (SIS), die den Bauernprotest in Guarda genau observierte. Die SIS, die dem Innenminister untersteht, wurde 1985 gegründet. Laut Gesetz ist sie „das einzige staatliche Organ, das Informationen sammelt, um die innere Sicherheit des Landes zu garantieren, Sabotage, Terrorismus und Spionage zu verhindern und gegen Praktiken vorzugehen, die den Staat und die Verfassung schädigen oder beseitigen wollen“.

Auch auf Studenten, die gegen die Einführung von Studiengebühren demonstrierten, und auf Fischer, die auf die Straße gingen, weil sie die Konkurrenz von ausländischem Billigfisch fürchten, fiel bereits das wachsame Auge der SIS. Und nun also die Bauern. Eine der Aufgaben der Geheimpolizei sei es, „Phänomene von Unruhe und Unsicherheit, die den Frieden der Bevölkerung stören könnten, zu beobachten und zu analysieren“, sagte SIS-Generaldirektor Ramiro Ladeiro Monteiro zur Begründung, nachdem die Presse das Bauern-Ausschnüffeln entdeckt und darüber berichtet hatte. Diese „Phänomene“ könnten im Extremfall zur „Zerstörung des Staates“ führen, befand der oberste Geheimpolizist.

Guarda war kein Einzelfall. Ähnliches spielte sich auch in der Stadt Viseu ab. Dort machte es ein großes Polizeiaufgebot unmöglich, daß die Bauern mit ihren Traktoren bis ins Zentrum fahren konnten. Als aufmerksame Zuschauer auch diesmal dabei: die auffällig unauffälligen SIS-Polizisten. „Unerträglich“ nannte der Verbandsvorstand des Bauernverbands den Polizeieinsatz und „weit übertrieben“. Denn neben der Geheimpolizei waren auch massenhaft Nationalgarde und Bereitschaftspolizei aufgeboten, um die Demonstration zu kontrollieren. Die Bauernorganisation CAP ist nicht etwa eine extremistische Bewegung, sondern sie steht der konservativ- liberalen portugiesischen Regierung politisch nahe. Dies macht die Kontrolle der Bauerndemos durch die Geheimpolizei noch ungewöhnlicher. Doch SIS-Generaldirektor Monteiro findet nichts dabei: „Wir sorgen uns um die Gründe, warum die Menschen demonstrierend auf die Straße gehen.“ SIS sei lediglich der Informationsdienst der Regierung. „Wir sind keine Polizei. Und noch viel weniger eine Geheimpolizei.“ Aber sicher. Pedro Guerra, Lissabon

Der Autor ist Redakteur der portugiesischen Wochenzeitung Independente.