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Autokredit ja – Gewerkschaft auf keinen Fall

■ Griechenlands Polizisten drohen täglich Disziplinarverfahren

Polizist Kostas Makros trug noch in den späten siebziger Jahren den Spitznamen „Hühnerschlächter“. Als einfacher Gendarm päppelte er sein Gehalt auf, indem er die Bauern regelmäßig „überredete“ ihm ein Huhn zu überlassen. So machten es auch die Kollegen.

Sein Neffe Makis Makris aber, der erst in den achtziger Jahren in den griechischen Polizeidienst eintrat, hat solchen Mundraub nicht nötig. Als die sozialistische Pasok- Partei 1981 an die Regierungsmacht kam, löste sie gleich ihr Wahlversprechen ein und nahm den uniformierten Hungerleidern die Existenzangst. Neben kräftigen Gehaltserhöhungen bekamen sie stark verbilligte Wohnungs- und Autokredite, so daß sich die Polizisten nicht mehr als die ewigen Bettler vom Dienst fühlen mußten.

Nur ein Versprechen wollte die Regierungspartei nicht erfüllen: die Zulassung von Polizeigewerkschaften. Vergeblich erinnerten die Polizisten daran, daß ihre gewerkschaftliche Organisierung einer der zentralen Slogans der Sozialisten während der langen Oppositionsjahre war.

Als diese für ihre Forderungen auf die Straße gingen, schickte ihnen der Minister für öffentliche Ordnung Jannis Skoularikis die berüchtigten Sondereinheiten der Polizei (MAT) entgegen. Gleichzeitig begannen Strafandrohungen und andere Schikanen. Makis Makris, obwohl selbst Gewerkschafter, war nicht davon betroffen. Seine Organisation, der Pasok-nahe Panhellenische Bund der Polizeibeamten (POAY), hielt sich aus parteitaktischen Gründen möglichst abseits. Opfer der Regierungsrepressalien war die Union der Unteroffiziere, die der konservativen Oppositionspartei Nea Demokratia nahesteht.

Ihr Verbot begründete die Regierung mit einer einschlägigen Verfassungsbestimmung: Artikel 23 der griechischen Verfassung verbietet den Sicherheitskräften das Streikrecht, nicht aber andere Rechte wie die Organisierung oder die Übergabe von Petitionen. Sie befürchten außerdem gewalttätige Auseinandersetzungen, wenn Bereitschaftspolizei bei Demonstrationen gegen die eigenen Kollegen vorgehen muß.

„Es ist unglaublich, wie trickreich sie unsere Forderunngen abwürgen“, sagt Makris. Eine Novelle zur Änderung des Polizeigesetzes wird im Parlament nur schleppend behandelt. Und derweil geht die Repression gegen Gewerkschaftsaktivisten weiter.

Dieses Mal auch gegen Mitglieder der sozialistischen POAY. Auch Makris ist gewarnt worden: Im Falle offener Gewerkschaftsaktivität müsse er mit Strafversetzung oder Entlassung rechnen. Allein im vergangenen Jahr sind rund 9.000 Polizisten mit Disziplinarverfahren aus politischen Gründen belegt worden – ein rundes Fünftel der insgesamt 45.000 griechischen Polizisten.

Daß es bisher nicht zu Säuberungen großen Stils gekommen ist, liegt wohl am Protest internationaler Gewerkschaftsorganisationen, wie der Internationalen Union der Polizeigewerkschaften (UISP). Ihr Vorsitzender Hermann Lutz nahm im Mai an einer großen Polizistendemonstration in Athen teil. „Die Polizei im Dienst des Volkes und nicht der Regierung“, war auf einem der mitgeführten Transparente zu lesen.

Makris, der die Demo nur aus der Entfernung beobachtete, hatte dabei gemischte Gefühle. „Die Leute haben die Demonstranten wie Ufos angeschaut“, sagt er. „Das Mißtrauen der Bevölkerung gegen uns ist tief. Und das ist sicher die größte Waffe der Regierung gegen uns.“ Takis Gallis, Athen

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