: Russischer Atomunfall im Auftrag der NASA
■ Tscheljabinsk produziert Plutonium für USA
Berlin (taz) – Die Atomfabrik im russischen Tscheljabinsk, in der es am vergangenen Samstag zu einem schweren Unfall kam, stellt Plutonium 238 für die NASA und das US-Energieministerium her. Das gab Nikolai Jegorov vom russischen Atomministerium gegenüber der Umweltorganisation Greenpeace zu. Im Frühjahr hätten die Russen einen ersten Vertrag über 6 Millionen Dollar für fünf Kilo Plutonium beim US-Energieministerium ergattert. Insgesamt wollen die Amerikaner bei den Russen Plutonium im Gesamtwert von 57,3 Millionen Dollar (97 Millionen Mark) kaufen, so Greenpeace. Das Plutonium soll unter anderem in Raketen und in militärischen Abhöranlagen eingesetzt werden. Das Energieministerium ist in den USA für die Produktion und Lagerung des Waffenplutoniums zuständig.
Die US-Regierung hat den Auftrag an die Russen vergeben, weil die eigene Plutoniumfabrik des US-Energieministeriums in Savannah River (South Carolina) seit Jahren immer wieder stilliegt. Dort war es wiederholt zu Unfällen gekommen, die amerikanische Atomarbeiter verstrahlten. Außerdem hat die schon in den vierziger Jahren eingerichtete Atomfabrik in Savannah River die Umgebung strahlenverseucht.
„Es ist scheinheilig, daß die US-Regierung immer wieder ihre Besorgnis über die großen Lagerbestände an Plutonium in Rußland kundtut und gleichzeitig die weitere Produktion von Plutonium in Rußland und die damit einhergehende Gefährdung der Bevölkerung finanziert“, stellt Dima Litvinow vom Moskauer Greenpeace-Büro fest.
Greenpeace fordert den Stopp der Plutoniumproduktion weltweit, mindestens aber, daß das US-Energieministerium eine Umweltverträglichkeitsprüfung in Tscheljabinsk durchführt. In Moskau beklagte sich der Leiter einer anderen Atomanlage in Tscheljabinsk bitter, daß die staatlichen Stellen nach wie vor kein Geld für die Atomanlagen rausrückten. „Sie behandeln uns wie eine Möbelfabrik“, so Wladimir Netschaj. Die staatlichen Stellen schuldeten den Forschern seiner Anlage rund 3,5 Milliarden Rubel (6,36 Millionen Mark), klagte Netschaj. Seine Atomspezialisten würden schon depressiv und nervös. Wir übrigens auch. ten
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