: Hollywood in Hamburg: Die Helden sterben zuletzt
■ Kinokrieg der Giganten - der Sohn von Altmeister Riech hat zur Zeit die Nase vorn / Ein Neubauprojekt jagt das nächste / Bezirk Mitte blockiert Flebbes Cinemaxx
Sie liegen jeweils nur rund 1000 Meter auseinander: das geplante Mammutkino „Cinemaxx“ am Dammtor, das Grindel und das Ufa-Kino, die beide komplett umgebaut werden sollen. Hinter dem Bauboom verbirgt sich ein Krieg der deutschen Kino-Giganten: Volker Riech, Sohn des 1992 verstorbenen Kino-Königs Heinz Riech, gegen den aufstrebenden Hans-Joachim Flebbe, der mittlerweile zum zweitgrößten Kino-Besitzer der Republik avanciert ist. Kino-Kronprinz Riech (knapp 500 Kinosäle, darunter in Hamburg Ufa, Kino-Center, Grindel) hat dabei zur Zeit in Hamburg die Nase vorn.
Vergangene Woche reiste er aus Düsseldorf an, um den ersten Spatenstich für die Erweiterung am Grindel eigenhändig zu verrichten. Das Kino soll für rund 20 Millionen Mark bis Juni 1994 um rund 600 Plätze auf 1785 Sitze erweitert werden. Bereits im Frühsommer genehmigte der Bauausschuß des Bezirks Hamburg-Mitte den Ausbau der Riech'schen UFA-Kinos am Gänsemarkt, der bis Anfang 1995 über die Bühne gehen soll.
Es ist derselbe Ausschuß, der die Blütenträume von Hans-Joachim Flebbe (bundesweit gut 130 Kinosäle, darunter Holi, Neues Cinema, Passage) blockiert. Im Juli lehnte das Gremium einen „Bauvorbescheidsantrag“ für das Cinemaxx ab. In dem 35-Millionen-Mark-Projekt am Dammtordamm, dort wo noch der geschlossene „Bierpalast“ steht, will Flebbe acht Kinos unterbringen. Das größte soll 1000 ZuschauerInnen fassen; insgesamt sind 2800 Plätze geplant. Dem Bauauschuß aber paßt der Kinoriese nicht in die Landschaft. Er will die Grünverbindung zwischen Planten un Blomen und der Binnenalster erhalten. Die Bezirksversammlung hatte sich bereits 1991 gegen den Standort entschieden.
Allerdings verfügt Flebbe - ebenso wie Riech - über gute Kontakte in den Hamburger Senat. Kultur- und Finanzbehörde versuchen derzeit, die störrischen BezirkspolitikerInnen auf Kurs zu bringen und haben dabei, so Finanzbehördensprecher Woisin, die „ganze Überzeugungskraft der Hamburger Verfassung“ auf ihrer Seite. Im Klartext: Sperrt sich der Bezirk weiter gegen den Kino-Neubau, wird Bürgermeister Voscherau das Projekt zur „Chefsache“ erklären und den Bezirk entmachten.
„Das wird allerdings nichts nützen“, orakelt der Fraktionschef der GAL-Mitte, Volker Nienstedt. Da „der Flächennutzungsplan und der Baustufenplan für den Standort eindeutig Grünflächen“ ausweisen, liefe „ohne einen neuen Bebauungsplan hier gar nichts“. Doch der würde das Projekt, das Flebbe eigentlich schon 1994 eröffnen wollte, weiter verzögern. Klar ist: Die Umbauten am Grindel und Ufa werden längst abgeschlossen sein, bevor auf den Cinemaxx-Leinwänden der erste Film zu sehen ist.
Flebbe will allerdings trotz des „bürokratischen Spießrufenlaufs“ an seinen Plänen festhalten, nach Hannover, Essen und München (Eröffnung 2.9.) am Dammtor sein viertes Cinemaxx zu eröffnen. Daneben sucht er bereits einen Standort für ein zweites Großkino mit 3000 Plätzen - bislang aber erfolglos. Und auch Konkurrent Volker Riech könnte sogar von den Flebbe-Neubauten profitieren. Beispiel Hannover: Dort mußten mehrere kleine Kinobesitzer nach der Eröffnung des Cinemaxx das Handtuch werfen, die verwaisten Abspielstätten übernahm Riech. Selbst der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Jürgen Klimke befürchtet deshalb, daß durch „die Modernisierung der Hamburger Kinolandschaft, die kleineren Filmtheater in Existenznöte gestürzt werden“. Im Kampf der Könige sterben zuerst die Bauern. Marco Carini
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