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Freiheit für Monzer Al-Kassar

■ Die spanische Justiz setzte den Waffenhändler gestern auf freien Fuß

Berlin/Madrid (taz) – Der syrische Waffen- und Drogenhändler Monzer Al-Kassar sollte gestern abend gegen eine Kaution von eintausend Millionen Peseten, umgerechnet etwa 12,4 Millionen DM, aus dem spanischen Gefängnis Alcala Meco bei Madrid freigelassen werden. Dies kündigte Al-Kassars Anwalt gestern in einem Gespräch mit der taz an. Allerdings darf der legendäre „Pate des Terros“, wie ihn ein deutscher Buchtitel bezeichnet, Spanien bis zum Beginn seines Strafprozesses nicht verlassen. Die Klageschrift eines Madrider Sondergerichtshofes wirft dem Syrer Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vor. Er soll aus Polen die Maschinenpistolen besorgt haben, mit denen das Kommando des palästinensischen Terroristenführers Abu Abbas ausgerüstet war, das im Oktober 1985 das italienische Kreuzfahrtschiff Achille Lauro entführte. Dabei erschossen die Kidnapper einen US-Bürger.

Der Name Monzer Al-Kassars und seiner Brüder geistert seit Mitte der 70er Jahre durch die Dossiers westlicher wie östlicher Geheimdienste und der Polizei. In mehreren Ländern wurde Al-Kassar wiederholt rechtskräftig verurteilt. Seine Karriere verdankt Al- Kassar dem Bürgerkrieg im Libanon und dem damit verbundenen Boom des Waffenschwarzmarktes. Ihren enormen Bedarf an Schießzeug deckten die verfeindeten Milizen zunehmend durch Tauschgeschäfte: Heroin gegen Waffen. Al- Kassar verfügte über gute Verbindungen in beide Richtungen. Einerseits zu den Clans in Syrien und im Libanon, andererseits zu den staatlichen Waffenhandelsfirmen des Ostblocks: Cenzin in Polen, Kintex in Bulgarien, Omnipol in der CSSR; aber auch mit der DDR-Firma IMES des Alexander Schalck-Golodkowski. Zum Scharnier seiner Ost-West-Connection wurde die 1983 in Wien gegründete Firma Alkastronic. Von Anfang an hatte ihn dort die Staatspolizei im Visier. Eine Hausdurchsuchung in den Firmenräumen der Alkastronic im Dezember 1985 brachte den Fahndern die Bestätigung: Die Firma betrieb nur Waffenhandel. Die beschlagnahmten Unterlagen gaben Aufschluß über die Kundschaft. Dazu gehörten neben der SAS Trading Company in Warschau, einer Tarnfirma von Terroristenführer Abu Nidal, weitere nahöstliche Terrorkommandos ebenso wie offizielle Armee- und Polizeidienststellen, etwa Ägyptens, des Südjemen oder des Iran. Sie alle versorgte Al- Kassar mit östlichem Schießzeug.

Dieser Mann war bald auch für europäische Konzerne als Vermittler interessant: Als in Österreich Wirtschaftsmanager und Politiker reihenweise über illegale Waffenexporte der staatlichen Rüstungsschmiede Noricum an den Iran stolperten, stießen die Ermittler erneut auf den Namen Al-Kassar: Er hatte den Noricum-Managern für hunderte Millionen Schilling falsche Bescheinigungen für Scheingeschäfte mit Libyen, Argentinien und Brasilien beschafft.

Nach ihrer Hausdurchsuchung leitete die Staatspolizei Wien 1985 ein Strafverfahren wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung, Verdacht auf Unterstützung von Terroristen und internationalen Waffenhandel“ ein. Zum Prozeß kam es freilich nie. Doch als Persona non grata erhielt Al-Kassar in Österreich im Dezember 1985 Einreiseverbot.

Ein halbes Jahr später verurteilte die 14. Große Strafkammer des Schwurgerichts Paris den Syrer wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Beteiligung an der Vorbereitung von Attentaten auf jüdische Personen und Einrichtungen zu acht Jahren Haft. Seltsamerweise legten die französischen Behörden keinen Wert auf Vollstreckung des Haftbefehls, als Al-Kassar am Pfingstsamstag des Jahres 1988 am deutsch-österreichischen Autobahn-Grenzübergang Bad Reichenhall vom Bundesgrenzschutz festgenommen wurde. Nach neun Tagen Haft wurde er freigelassen. Weil er sich mit einem falschen brasilianischen Paß ausgewiesen hatte, ist seither in Traunstein ein Verfahren gegen ihn anhängig.

Den Geheimdiensten in Ost und West galt Al-Kassar seit Jahren als Waffenbeschaffer terroristischer Organisationen in Nahost. Wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung will denn auch die spanische Justiz nach Jahren des Stillhaltens jetzt den „Prinzen von Marbella“ zur Verantwortung ziehen. Letztes Jahr ließ der spanische Untersuchungsrichter Garzon ihn verhaften und weigerte sich strikt, ihn gegen Kaution freizulassen. Doch kaum fand sich Garzon im Juni in der Politik wieder – seit den Wahlen im Juni sitzt er für die Sozis im Parlament –, beschloß ein Madrider Gericht, Al-Kassar gegen Kaution freizulassen. Allerdings darf er bis zu seinem Prozeß Spanien nicht verlassen. Aber in Marbella läßt sich's ja bekanntlich aushalten. Thomas Scheuer

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