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Unter den Wolken lautlos gleiten

■ Kleines Plädoyer für den Segelflugsport, der besser ist als sein Ruf

Die Geschwindigkeit liegt knapp über hundert Stundenkilometern. Pilot Achim Trautmann rückt das Käppi etwas mehr über die Augen. Die K21 legt sich leicht vibrierend auf die Seite, der Höhenmesser zeigt gerade 400 Meter über Grund. Das Auge fixiert das Instrument daneben. Tatsächlich, am Hang bewegt sich der Zeiger des Variometers über Null: Thermik, Auftrieb.

Thermik, die Aufwärtsbewegung erwärmter oder durch Höhenzüge abgelenkter Luftmassen, ist das A und O des Segelfliegens. „Segelfliegen ist eine taktische Natursportart“, sagt Trautmann vom Deutschen Aeroclub (DAeC) im Westerwald.

Das Fluggelände des Aeroclubs ist ein artenreiches Biotop: 287 Pflanzenarten, davon 17 auf der Roten Liste, haben sich auf der ehemaligen Viehweide angesiedelt. In Oberfranken hat man auf Flugfeldern 410 Pflanzenarten gezählt, davon 51 bestandsgefährdete.

Seit einigen Jahren sehen sich die Flieger jedoch zunehmenden Angriffen ausgesetzt. Neben Jagd und Motorsport reihte Geo das Segelfliegen in die Kategorie der stärksten Umweltbelastung ein. Die Gefährdung von Wiesenbrütern, die gerade bei Saisoneröffnung die Fluggelände bevölkern, das Zertrampeln von seltenen Pflanzen auf den Landeplätzen und auch der Lärm und Spritverbrauch zu Hobbyzwecken stempelte in manchen Augen die etwa 40.000 Segelflieger zu Umweltrowdies.

Die Kritik der Naturschützer ist nicht ganz aus der Luft gegriffen. Bereits vor vier Jahren hat die Bundesforschungsanstalt für Naturschutz und Landschaftsökologie die Konflikte zwischen Flugsport und Naturschutz untersucht und wurde auf auf 23 Prozent der Gelände fündig - überwiegend deshalb, weil sie in Natur- oder Landschaftsschutzgebieten liegen. Darum bildet der DAeC seit einigen Jahren alle Segelflugvereine aus: In der Brutzeit sollen die Sportler Brut- und Rastflächen nur in gebührendem Abstand überfliegen.

Der BUND hat sich von pauschalen Abwertungen distanziert: „Wir starten keine Attacken gegen das Segelfliegen“, versicherte bereits 1987 der damalige Sprecher des BUND-AK Sport und Tourismus, Dr. Reinhold Kaub.

Wer sich fürs Segelfliegen interessiert, bekommt die Anschrift des nächstgelegenen Vereins beim Deutschen Aero Club, Postfach 1361, 63150 Heusenstamm, Tel. 06104/6996-0. Annette Sabersky

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