: Der Eierwurf im Wandel der Zeiten
Der Kommunarde Ulrich Enzensberger, wegen eines Flugblattes gegen einen Oberstaatsanwalt vor Gericht stehend, weigert sich am 1. Prozeßtag, zur Vereidigung eines Schöffen aufzustehen: 50 DM Geldstrafe. Dann händigt er dem Richter seinen Paß aus, statt Angaben zur Person zu machen: 75 DM Geldstrafe. Anschließend beginnt er, ein Brötchen zu verspeisen: einen Tag Haft. Am 2. Verhandlungstag sagt er laut und vernehmlich „Die Verhandlung ist eine Farce“: einen Tag Haft. Dann zündet er sich eine Zigarette an: einen weiteren Tag Haft. Erbost wirft er daraufhin zwei Bonbons und eine Zitrone in Richtung Richter und Staatsanwalt: drei Tage Haft. Danach muß er sich unbedingt eine neue Zigarette anzünden: noch einen Tag Haft. Merkwürdigerweise wird ein Ei, das er an die Saalwand wirft, überhaupt nicht geahndet. Heute ist es genau umgekehrt: Da wird ein Eiwurf gleich zur Staatsaffäre. (Salmonellen?)
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