Kaum zu glauben: Hajen handelt

■ UKE: Vor der Sondersitzung greift der Senator durch / Maßnahmen fürs Patientenwohl präsentiert / Neues UKE-Management   Von Sannah Koch

Manche kommen langsam, aber gewaltig: Zwei Monate nach den ersten Pressemeldungen und zwei Tage vor der Bürgerschafts-Sondersitzung zum UKE-Strahlenskandal legte Wissenschaftssenator Leo Hajen gestern einen umfassenden Bericht vor. Er päsentierte ein Maßnahmebündel, das er natürlich nicht als „Alibi-Veranstaltung für das Renommée der Uniklinik“ verstanden wissen will. Es diene „in erster Linie dem Wohl der Patienten“:

Schadensregulierung: Die in den Jahren 1986 bis 1990 im UKE bestrahlten Darmkrebs-Patienten werden von der Wissenschaftsbehörde (BWF) angeschrieben, es wird eine strahlentherapeutische Nachuntersuchung und onkologische Beratung im UKE oder bei einem Arzt ihrer Wahl angeboten. Als „vertrauensbildende Maßnahme“ offeriert die BWF allen Patienten, die von Oktober 1986 bis heute in der UKE-Strahlentherapie behandelt wurden, eine Rechtsanwalts-Beratungspauschale in Höhe von 1000 Mark. Ab sofort können Betroffene wählen, ob sie ihr Verfahren über die Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen (Hannover) abwickeln wollen, oder mit der BWF „einvernehmlich“ einen Fachgutachter bestimmen.

Schadensregulierung Gynäkologie / andere Krebsarten: Derzeit haben 37 Patientinnen der UKE-Frauenklinik Schadensersatzansprüche angemeldet. Noch gebe es keine Hinweise auf systematische Behandlungsfehler, aber ein externer Gutachter wird nun eingeschaltet. Auch untersucht werden die Bestrahlungsmethoden bei Blasen-, Prostata- und Speiseröhrenkrebs. Sollten sich Serienschäden finden, werden die Patienten in das außergerichtliche Entschädigungsverfahren einbezogen.

Verbesserte Bürokratie: Die „reibungslose Abwicklung“ der Regulierung soll durch eine Lenkungsgruppe in der BWF gewährleistet werden. Ein Schadensteilungsabkommen mit den Haftpflichtversicherungen der Ärzte sowie den Krankenkassen wird angestrebt. Im UKE-Etat wurden für 1993 1,8 Millionen Mark für Schadenersatzzahlungen bereitgestellt. Hajen setzt sich zudem für eine Betriebshaftpflichtversicherung für alle UKE-Mitarbeiter ein.

Patientenrechte: Im UKE wird ein Patientenbeirat (aus Patientenvertretern, niedergelassenen Ärzten und Krankenkassen) installiert.

Berufsaufsicht: Die Ärztekammer erhält, wie bei anderen Kliniken, die Berufsaufsicht über die angestellten UKE-Ärzte und kann Verstöße vor dem Standesgericht ahnden.

Qualitätssicherung: Laut Hajen liegt sie vor allem im Verantwortungsbereich der Ärzte. Die kollegiale Beratung müsse verstärkt werden, dazu wurde im UKE ein Gremium gebildet. Zum Thema Kontrolle werden auswärtige Spezialisten befragt. Außerdem soll eine Tumorleitstelle zur systematischen Kontrolle der Nachsorge eingerichtet werden.

Neues UKE-Mangament: Die Klinik bekommt eine neue Verwaltungsspitze: Dr. Behrend Behrends (früher AOK-Geschäftsführer) wird Kaufmännischer Direktor, Karl Heinz Ebeling (früher Sozialbehörde) Administrationsmanager und der Frankfurter Reinhold Keil Betriebsmanager. Der kommissarische Leiter der Strahlentherapie, der Dresdener Professor Thomas Herrmann, beginnt voraussichtlich am 1. September seinen Job.