Robert W. Kempner beigesetzt

■ Bubis würdigt den Ankläger bei den Nürnberger Prozessen als militanten Kämpfer für Demokratie und Gerechtigkeit

Mit einer Ehrung durch die jüdische Gemeinschaft in der Bundesrepublik ist der Ankläger bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen, Robert W. Kempner, gestern in Lichterfelde beigesetzt worden. Ignatz Bubis, Zentralratsvorsitzender der Juden in Deutschland, würdigte den deutsch-amerikanischen Juristen, dessen Lebenswerk Nazi-Verfolgten galt, als militanten Kämpfer für Demokratie und Gerechtigkeit. Kempner war am 15. August im Alter von 93 Jahren gestorben. Durch seinen Einsatz für die Menschlichkeit habe Kempner in diesem Jahrhundert geschichtliche Zeichen gesetzt, erklärte Bubis. Zusammen mit Justizsenatorin Jutta Limbach (SPD) erinnerte er an Kempners Sorgen um die Entwicklung in Deutschland. Der Rechtsanwalt habe seinen Kampf gegen Rechtsextremismus bis in die letzten Tage geführt. Limbach forderte die Deutschen auf, Kempners Vermächtnis des Aufklärens und Mahnens für Freiheit und Humanität anzunehmen, „damit wir nicht zum zweiten Mal der Selbstsabotage erliegen“. Die frühere Bundestagspräsidentin und SPD-Politikerin Annemarie Renger sagte vor der Trauergemeinde auf dem Lichterfelder Parkfriedhof: „Wir brauchen heute solche Vorbilder.“ Kempner war bis kurz vor seinem Tod als Rechtsanwalt und Publizist in Frankfurt/Main tätig. Als einer der Hauptankläger der Amerikaner in dem von den Siegermächten installierten Internationalen Gerichtshof in Nürnberg machte er sich einen Namen. Die Verfolgung von Naziverbrechern bestimmte seine Arbeit. Bis 1935 hatte er in Berlin gelebt und schon in der Weimarer Republik vor der NSDAP gewarnt. 1931 forderte der damals 32jährige Justitiar im preußischen Innenministerium, Adolf Hitler wegen Vorbereitung zum Hochverrat und wegen Meineids unter Anklage zu stellen, die NSDAP aufzulösen und den „Führer“ als lästigen Ausländer in dessen Geburtsland Österreich abzuschieben. Kempners Ratschlag wurde von der sozialdemokratischen Regierung Preußens in den Wind geschlagen. Zwei Jahre später wurde Kempner vom neuen preußischen Ministerpräsidenten Göring entlassen. Bis 1935 hielt sich der Jurist als Berater jüdischer Auswanderer noch über Wasser, dann emigrierte er selbst über Italien und Frankreich in die USA. Die Nazis entzogen ihm 1937 die deutsche Staatsbürgerschaft. In den USA setzte Kempner seinen Kampf gegen die Nazis fort. In den Nürnberger Prozessen war Kempner als Stellvertreter des US-Hauptanklägers Jackson mit der Anklage des Nazi- Innenministers Frick betraut. Seit 1947 war er Hauptankläger im „Wilhelmstraßenprozeß“, in dem sich die führenden Außenpolitiker des „Dritten Reiches“ unter anderem wegen ihrer Mitwirkung an dem Völkermord an den Juden zu verantworten hatten. Kempner erhielt zahlreiche Auszeichnungen, wie die Carl-von-Ossietzky-Medaille. dpa/taz