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Strahlemanns Söhne

■ Bremen als Barbershop-Bastion der Republik: Herzschmerz & Dies & Das, aber a-capella / „Unser Ausfallschritt ist ein Knüller“

„Alle Menschen, die Liebe brauchen, kommen zu uns,“ sagt Detlef Blumentritt. Und auch Männer brauchen Liebe. Anders ist es kaum zu erklären, daß der erste und einzige Bremer Barbershop-Chor bislang reine Männersache ist. Hier dürfen, ja: müssen sie Gefühl zeigen. Denn Barbershop ist eine Herzensangelegenheit. Wenn Herzschmerz und Dies & Das besungen werden, in ausgesucht schmelzfähigen Harmonien zumal, dann gilt es für Herrn Blumentritt und seine Sangesbrüder, sich extra in die Brust zu werfen, zu schmachten, zu leiden und vor allem zu lächeln. Wenigstens einmal in der Woche.

Barbershopper sind keine Chorknaben. Aus steifen Kirchen- und Shantychören kommen sie, um kleine Entertainer zu werden. Um eben „was Unterhaltsames, Lockeres zu machen, wo ich nicht so vereinsmäßig getriezt werde“, sagt Martin Schumacher. Und so steht er mit 25 weiteren Herren der Lebensmitte auf dem Übungspodest im Bürgerhaus Weserterassen, steppt und strahlt und schnulzt: „Ain't she sweeeet...“.

Wenn Herr Schumacher dann doch mal ein wenig getriezt wird - seine linke Hand nämlich flattert noch nicht so richtig lustig beim Schlußakkord - dann liegt das an den Ambitionen des Bremer Chores. Und an Klaus Ulrich Gschwind. Der gründete den Chor vor fünf Jahren und verpaßte ihm sogleich den schmissigen Namen „Singsation“. Seither geben die engagierten Bremer mit den Ton an in der kleinen bundesdeutschen Barbershop-Gemeinde. Schon ist der Verband „BING“ (Barbershop in Germany) gegründet. Das nächste, alljährliche Wettsingen ist im März in Vegesack. Und ein erster Bremer Frauenchor ist auch im Aufbau. Alles, um den Dimensionen der mächtigen US-amerikanischen Barbershop-Szene wenigstens ein wenig näherzukommen.

Noch blickt Gschwind ein wenig sehnsüchtig auf die Brüder und Schwestern in den Staaten. Wie die dort drüben die Stadien füllen! Wie die arrangieren können! Wie die vor allem perfektes Entertainment bieten! Da aber schüttelt's den Herrn Schumacher: Nein, dieses glatte Gegrinse, dieses permanente Cheeseface - das findet er dann doch nicht nachahmenswert.

Was ist nicht alles zu bewältigen neben der Choreografie! Erstens die Musik: Der besondere, erzharmonische Barbershopsound wird nur durch geradezu akrobatisch schwierige, sehr eng geschriebene Vokalsätze erreicht. Baß, Bariton, Tenor und Leadsänger treten sich gewissermaßen auf die Füße, was volle Konzentration auf den eigenen Part verlangt. Wie dabei dann noch fröhlich mit Füßen und Händen wedeln?!

Zweitens „ist das ja ein bißchen schwierig mit Männern“, wenn sie sich tänzerisch bewegen sollen. Da richtiggehend aus sich rauszugehen, ist hierzulande eine Kunst, zumindest eine Übungssache. „Die Bewegungen müssen ja überzeugend kommen, wenn's im Text um Herzschmerz geht“, sagt Herr Blumentritt. Wenn das aber gelingt - dann ist die Barbershop- Harmonie komplett: „Unser Ausfallschritt ist ein Knaller“, sagt Herr Blumentritt; der beeindrucke besonders die Damenwelt im Konzertsaal. Also: „Zähne zeigen, die Freude auch mal rauslassen“, wie Kollege Nagengast beipflichtet.

Da ist es halb so wichtig,was da eigentlich so sehnsuchtsvoll gesungen wird. Manchmal einfach nur Schnulzen. Oder Beatles. Manchmal aber auch die herrlichen Albernheiten des frühen deutschen Schlagers. Dann geben die Männer „ausgerechnet Bananen“ und freuen sich wie die Kinder. tom

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