: Himmel und Erde
■ „Women in (E)motion“: Amina Claudine Myers und Bertha Hope
Majestätisch wirkte sie — souverän und mit einer funkelnden Intensität. Amina Claudine Myers setzte auch in diesem Jahr wieder einen Glanzpunkt im „Women in (E)motion Festival, diesmal solo als Pianistin und Sängerin auf. Zum Beispiel mit einer grandiosen über 20 Minuten langen Reise durch die Geschichte des Jazzpianos, während der sie ohne einen falschen Ton von Swing zu Freejazz, vom Bop zu afrikanischen Rhythmen, von den Tonkaskaden eines McCoy Tyner zu den lieblichen Harmonien Ellingtons wechselte.
Und dann begann sie zu singen: hymnischen Songs zwischen Gospel, Blues und Soul, mit einer Stimme, die mal etwas gebrochen klang, manchmal aber auch an Chaka Khan erinnerte. Lieder wie „Love will save your Soul“ bekamen durch gesteigerte rhythmische Wiederholungen eine atemberaubende Kraft; bei dem Gospelsong „Have Mercy upon us“ sang sie das „have mercy“ über hundertmal — immer etwas anders und wie in Trance. Virtuose Technik wurde in spiritueller Musikalität aufgehoben.
Bertha Hope und ihrer beiden Mitspielerinnen brachten nachher das Publikum schnell wieder auf die Erde zurück: mit solidem Handwerk im klassischen Jazztrio. Die kurzzeitig eingesprungene Sylvia Cuenca am Schlagzeug hatte nur wenige Abstimmungsprobleme, Kim Clarke spielte einen schön melodischen Baß und Bertha Hope klang so sauber und präzise, wie man es nur wünschen kann, aber es fehlte etwas. So lupenrein war der Bop, daß bei aller Raffinesse ein Stück wie das andere klang. Vielleicht war nur die Zusammenstellung des Konzerts schuld, und alles hätte anders geklungen, wenn Bertha Hope vor Amina Claudine Myers gespielt hätte, aber so wurde es zum Ende hin etwas langweilig. Bei jedem Song das gleiche Schema der Soli, kaum Dynamik und keine Spannungsbögen. Bertha Hope sieht sich selber als „musikalische Geschichtenerzählerin“. Nach Amina Claudine Myers– Poesie klang sie allzu prosaisch. Willy Taub
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen