piwik no script img

Alija Izetbegović wartet auf Manfred Wörner

■ Wiederaufnahme der Genfer Friedensverhandlungen auf heute verschoben / Vermittler machen indirekt deutlich, daß sie keine weiteren Verhandlungen wollen

Genf (taz) – Wegen der „Schwierigkeit von Präsident Izetbegović, einen Flug von Sarajevo nach Genf zu erhalten“, ist der Wiederbeginn der Bosnien-Verhandlungen von gestern nachmittag auf heute morgen verschoben worden. An dem von Konferenzsprecher Mills offiziell mitgeteilten Grund für die Verschiebung gab es jedoch gestern einige Zweifel, zumal die „Schwierigkeiten“ nicht näher erläutert wurden. Zudem befand sich Bosniens Außenminister Silajdzić, der am Sonntag wie Izetbegović noch in Sarajevo an den Beratungen über den von den beiden Vermittlern Owen und Stoltenberg vorgelegten Teilungsplan für Bosnien teilgenommen hatte, gestern bereits in Genf und nahm an einer Konferenz über den Schutz von Kriegsopfern teil.

Unter Konferenzbeobachtern hielten sich daher Spekulationen, der bosnische Präsident zögere seine Ankunft bewußt sogar bis Mittwoch heraus, wenn sich in Genf UNO-Generalsekretär Butros Ghali und NATO-Generalsekretär Manfred Wörner treffen. Izetbegović, der wisse, daß er Verbesserungen des Dreiteilungsplanes zugunsten der Muslime am Verhandlungstisch nicht mehr durchsetzen könne, erhoffe sich von der Begegnung Ghali/Wörner möglicherweise doch noch eine Weichenstellung zugunsten militärischer Aktionen der NATO gegen serbische Stellungen. Für völlig ausgeschlossen hält dies der Bonner Staatsminister im Auswärtigen Amt, Helmut Schäfer, der gestern in Genf Kroatiens Außenminister Mate Granić traf.

Die Versuche von Owen und Stoltenberg, die Öffentlichkeit zu manipulieren oder die Medien für ihre Zwecke einzuspannen, werden indessen immer abwegiger und offenbaren zugleich die Hilflosigkeit der beiden Vermittler von UNO und EG. In einer ausdrücklich als „Hintergrundgespräch ohne Kameras und Mikrophone“ angekündigten Pressekonferenz mußte Sprecher Mills, getarnt als „diplomatische Quelle“, gestern eine Botschaft an Izetbegović verbreiten, die die Vermittler diesem nicht direkt zukommen lassen wollen: der bosnische Präsident solle davon absehen, den Dreiteilungsplan durch Nachbesserungsforderungen wieder „aufzuknüpfen“.

Nach bisherigen Informationen fordert Izetbegović rund sechs Prozent mehr Land für die künftige „bosnisch-muslimische“ Teilrepublik sowie deren direkten Landzugang zur Adria – anstatt des bisher auf eine Straße durch kroatisches Gebiet begrenzten Korridors. Außerdem fordert er Garantien dafür, daß nur die zukünftige bosnische Union, nicht aber die drei Teilrepubliken in die UNO aufgenommen werden. Andreas Zumach

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen