: Lido-Kino
„I Rimorsi di Woody“ titelt La Repubblica, und die Straßen sind noch immer von den Plakaten zu „Manhattan Murder Mystery“ gesäumt. Gedacht als großer Auftakt der 50. Biennale, hat der Film ein flaues Gefühl hinterlassen: Da wollte sich einer über das Genrekino aus einem Deadlock befreien, und dabei ist eben etwas ähnlich Müdes wie „Shadows and Fog“ herausgekommen. Martin Scorsese dagegen hat die „Mean Streets“ verlassen und sich mit „The Age of Innocence“ bravourös an einen gutbürgerlichen Ausstattungsfilm gewagt – Visconti winkt mit parfümierten Spitzentüchlein.
Zu viele amerikanische Namen? Der Biennale sind die Zuschauer weggelaufen, und so hat man versucht, große amerikanische Namen zu finden, die zugleich den Standards dieses Kritikerfestes genügen. Gus van Sant, Robert Altman und Robert De Niro haben ihre neuen Filme hergebracht, und Altman geistert bereits als weißbefrackter Grand Seigneur durch die Hallen.
Gus van Sant hat Tom Robbins Szene-Novelle „Even Cowgirls Get the Blues“ opulent mit Uma Thurman verfilmt, deren Pale Blue Eyes die zeitgemäße Mischung aus Peyote- induzierter Entrücktheit und Unschuld präsentieren. Sie spielt eine Tramperin, deren gigantische Daumen es ihr erlauben, ganze Symphonien aus ihren Fahrtrouten zu komponieren, Flugzeuge vom Himmel zu holen und Sternschnuppen anzuhalten – Old Jack Karouac würde vor Neid erblassen. Wie schon in „My Private Idaho“ paart sich hier der Manierismus der Epoche mit ihren roten Samthosen und den Opalringen mit einem Hauch Shakespeare und einem Gruß von den Beatniks in Gestalt von Williams S. Burroughs, der seinen Gastauftritt aus „Drugstore Cowboy“ schmunzelnd wiederholt. Leider ist die Tafel ein bißchen überladen: Frauen gegen Männer, die Prärie, die Filmgeschichte (auch hier wird der Western zugunsten der Misfits umgedichtet, wie in „Posse“). Da hat sich einer an dem Fisch aus „Arizona Dream“ verschluckt. mn
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen