: Syrisch-israelische Gespräche stocken
Keine Einigung über die Golanhöhen / US-Außenminister wird Anfang Oktober in Damaskus und Jerusalem erwartet / Israelische Beamte richten sich auf Friedensordnung ein ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin
Während in Washington die elfte Runde der Nahost-Friedensgespräche läuft, packt der US-Außenminister, Warren Christopher, die Koffer für eine weitere Reise in die Region. Die Verhandlungen zwischen der syrischen und der israelischen Delegation stocken, weil sich beide Seiten nicht über die Zukunft des 1967 von Israel besetzten Golan einigen können. Spätestens Anfang Oktober will Christopher daher direkt in Damaskus und Jerusalem vermitteln.
Nach dem Bekanntwerden der Geheimabkommen zwischen der israelischen Regierung und der PLO-Führung bemüht sich Christopher um einen syrisch-israelischen Rahmenvertrag. Dieser könnte zugleich den Weg für ein Abkommen Israels mit der von Damaskus abhängigen libanesischen Regierung bereiten. „Wir dürfen den Syrern nicht das Gefühl geben, vernachlässigt zu werden“, bemerkte in Jerusalem gestern ein US-Diplomat im Gespräch mit israelischen Kollegen. Bereits seit Oktober 1992 existiert ein Entwurf eines detaillierten Grundsatzabkommens zwischen Israel und Jordanien. Die Abkommen über eine Zwischenlösung zwischen Israel und der PLO können möglicherweise schon in der kommenden Woche unterzeichnet werden. Eine Einigung Israels mit Syrien und Libanon würde das Bild vom Frieden vervollständigen.
Der syrische Staatschef Hafis el- Assad ließ sich nur widerwillig zu einer Duldung des Autonomieabkommens zwischen PLO und Israel bewegen. Die US-Regierung will nun auf jeden Fall verhindern, daß er es sich noch einmal anders überlegt. Der libanesische Ministerpräsident Rafiq el-Hariri, übernahm am Montag abend fast wörtlich die Formulierung Assads: „Die Palästinenser haben ihre eigenen Institutionen, die ihre Entscheidungen selbst treffen“, erklärte er. Seine Regierung habe gegen das palästinensisch-israelische Abkommen nichts einzuwenden. Am Wochenende hatte Hariri noch gegen den „Verrat“ der PLO an der gemeinsamen arabischen Sache gewettert.
Die US-Regierung versucht nun, ein Gespräch zwischen dem israelischen Außenminister Shimon Peres und seinem syrischen Amtskollegen Faruq asch-Schara in den USA in die Wege zu leiten. Als mögliche Gelegenheit kommt dafür die Eröffnung der UN-Generalversammlung Ende des Monats in New York in Frage. Beide Herren sind zu dem Ereignis eingeladen.
In israelischen Ministerien richtet man sich unterdessen auf neue Verhältnisse im Nahen Osten ein. Nach Angaben hoher Beamter will die israelische Regierung die US- Administration darum bitten, bei der raschen Normalisierung der israelischen Beziehungen zu den Golfstaaten sowie den arabischen und islamischen Ländern Asiens und Afrikas behilflich zu sein. Israel erwartet, daß Washington die arabische Liga drängen wird, den Wirtschaftsboykott gegen Israel offiziell aufzuheben. Die US-Regierung dürfte gleichzeitig von den Golfstaaten verlangen, die seit dem irakischen Einmarsch in Kuwait eingestellte Finanzhilfe für die PLO wieder aufzunehmen. Damit sollen besonders Projekte im Gaza-Streifen finanziert werden.
Im israelischen Außenministerium entstehen zur Zeit vier neue Kommissionen, die sich mit den politischen und wirtschaftlichen Folgen des Abkommens mit der PLO befassen sollen. Unter anderem wird eine mögliche Normalisierung der Verhältnisse zu Iran, Irak und Libyen geprüft. Eine Arbeitsgruppe entwickelt Pläne für ein neues Wirtschaftssystem im Nahen Osten, wobei an eine Freihandelszone gedacht wird. Andere Beamte des Außenministeriums planen, wie im sonstigen Ausland für eine neue Friedensordnung in der Region geworben werden soll. Besonderes Augenmerk richten sie dabei auf die USA und die dortigen jüdischen Gemeinden.
Eine Brücke als Hindernis
Kairo/Jerusalem (AFP) – Als Schlüsselfrage für die gegenseitige Anerkennung von Israel und der PLO entwickelt sich, wer die Zugänge der für eine Autonomie vorgesehenen palästinensischen Gebiete kontrollieren wird. PLO- Chef Arafat sagte gestern, sämtliche Zugänge, darunter die wichtige Alleby-Brücke nach Jordanien, würden „bei internationaler Überwachung unter palästinensische Kontrolle“ gestellt. Der israelische Polizeiminister Mosche Schahal hatte am Montag erklärt, Israel werde auch nach dem Inkrafttreten des Autonomie-Abkommens die Kontrolle über die Jordanbrücken behalten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen