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Drogensüchtiger Prinz

■ Drei Filme von Homosexuellen aus drei Dekaden: DieHamburger Premiere „Prinz in Hölleland“ und zwei Klassiker werden in der Zeise gezeigt

Ein armer Müllersbursche rettet den drogensüchtigen Prinzen und darf ihn zur Belohnung heiraten. Nur diese Erzählebene hat in dem Schwulen-Film Prinz in Hölleland ein Happy-End. Ansonsten malt Michael Stock, der neben der Regiearbeit auch die Hauptrolle in seinem Film übernommen hat, eher schwarz: Selbst der Puppenspieler dieser Geschichte, ein abgetakelter Narr, überlebt nicht.

Mit dieser Hamburger Erstaufführung startet in den Zeise-Kinos die zweiwöchige Mini-Reihe von Filmen von Homosexuellen aus drei Jahrzehnten. Prinz in Hölleland repräsentiert die 90er Jahre, Frank Ripplohs Taxi zum Klo zeigt die 80er, während Rosa von Praunheims Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt die frühen 70er mit ihren Problemen widerspiegelt.

Prinz in Hölleland schildert eine schwule Dreiecksbeziehung zwischen Jockel (Michael Stock), Micha (Andreas Stadler) und Stefan (Stefan Laarmann). Sie leben in einer Bauwagenburg. Was auf den ersten Blick wie eine autonome Idylle aussieht, entwickelt sich in einen Horrortrip, für Jockel sogar im wahrsten Sinne des Wortes. Denn obwohl er Anti-Drogen-Plakate klebt, heißt sein eigentlicher Geliebter schon längst nicht mehr Micha oder Stefan, sondern Heroin. Seine Freunde reißt er mit runter, bevor er sich den goldenen Schuß mit strychninvergiftetem Stoff setzt.

Das Erstlingswerk des Berliners Michael Stock ist zwar übervoll mit Ideen, arbeitet aber mit allzuvielen Klischees: Der Dealer liebt natürlich Nazi-Filme, ein Ossi-Tramper ist ausländerfeindlich, und auch eine schwulenklatschende Fascho-Truppe darf nicht fehlen. Nur die autonomen Protagonisten sind gut, dafür aber recht kaputt.

Prinz in Hölleland ist voll von Realismen, die jedoch nicht natürlich wirken, sondern eher wie gewollt in den Film hineingedrückt: Ein Huhn wird vor der Kamera geschlachtet, es gibt Kotze und Scheiße und immer wieder promisken Sex, natürlich (?) unsafe. „Das ist hier nicht wie bei Christiane F. im Fernsehen“, betont Jockel alias Michael Stock wiederholt. Mit erhobenem Zeigefinger wird moralisiert, wie in einer schlechten Schulfunk-Sendung. Doch Stock gelingt es in seiner nur 130.000 Mark teuren Low-Budget-Produktion, die Untergangsstimmung der Linken im Kreuzberger Kiez einzufangen.

Zeitgleich mit Prinz in Hölleland werden zwei schwule Klassiker in den Zeise-Kinos gezeigt: Das Taxi zum Klo, ein überrissener Beziehungsfilm, schildert die Zeit vor AIDS. Weniger bekannt dürfte der Film Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt von Rosa von Praunheim sein. Die Filmmischung begründet Kino-Geschäftsführer Jürgen Fabritius mit Freude am Gegensatz: „Wir halten Prinz in Hölleland für ziemlich umstritten und wollen die Klassiker dagegen setzen. Wir halten wenig von Filmreihen, wo sich Leute auf die Schulter klopfen und sagen, es ist alles prima.“ Werner Hinzpeter

Zeise-Kinos: Prinz in Hölleland (1993), 9.9 bis 22.9., 20.15 Uhr; Taxi zum Klo (1980), 9.9. bis 15.9., 18.15 Uhr; Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt (1971), 16.9. bis 22.9.

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