Voodoo-Mode bittet zum Tanz

■ Belastbar, tragbar, individuell: Der Mojo-Shop in der Schanzenstraße bringt Soho nach Hamburg - Mode mit Musik und Mystik

Mode scheint sich in immerwährenden Zyklen zu wiederholen. Unsere Großeltern erkennen heutige Modeerscheinungen als bereits gewesen und als nur wenig in Farbe und Form abweichend von dem, was einst hochmodern genannt wurde. Auf den Straßen von heute kann man Stilrichtungen aus nahezu drei Jahrzehnten an einer Person wiedererkennen. Eine wirre modische Zusammensetzung eigentlich. Doch da die enganliegenden halbärmligen Pullover der 60er Jahre sich irgendwie stilsicher

mit den keuligen Hosen der 70er Jahre paaren, kann man auch gleich die reizenden Stiefeletten der 20er Jahre dazu tragen. In der Mode nichts Neues also?

Nicht ganz, sagte sich Mitte der 80er Jahre eine Gruppe junger Londoner. Für sie hat Mode vor allem mit Musik zu tun und Musik mit Ideologie. Sie beschlossen, dem Trend der Straße zu folgen und aus dem Street-Life-Feeling skatender und rappender Kids das Street-Wear-Feeling zu machen.

Ihre Mode sollte aus handfestem Material sein, belastbar, tragbar, einfach sein, Bewegungsfreiheit lassen und Individualität ausdrücken. Nachdem sie sich so viel vorgenommen hatten, suchten sie sich Leute, die mit Nadel und Faden umgehen konnten und setzten ihre Vorstellungen in die Tat um.

Ihr Absatzmarkt war vorerst die Straße und natürlich die Londoner Clubs, wo modische Schlachten stattfanden und die tiefere Philosophie der Rap- und Raggamuffin-Kultur diskutiert und letztlich auf der Tanzfläche ausgetragen wurde. Dort trafen sich schließlich auch die Hippsten und Ausgeflipptesten der Szene.

Natürlich sollte die Club-Wear nicht zur Massen-Ware degradiert werden, schon daher mußten die Labels klein bleiben, das Designen sollte auch Spaß machen und den Bezug zu Musik behalten. Mode mit Kultcharakter wurde damit praktiziert und fand schnell seine Anhängerschaft. Auch in Amerika und Frankreich bildeten sich Gruppen solcher „Freier Designer“, die endlich auch dahin kamen, geeignete Einkäufer und Vermarkter ihrer Labels zu finden. Meist waren das Läden, die mit Clubs in Verbindung standen. So kamen die Club-Klamotten auch nach Hamburg, in den Mojo-Shop. Wo mit dem Mojo-Club erste Dancefloor-Schritte auf dem Jazz-Parkett gewagt wurden, lag es nahe, die begehrten Stücke in die Hansestadt zu importieren, vor allem weil die Nachfrage nach passender Kleidung bei denen stieg, die ohnehin in Soho flanieren gingen, um sich die neuesten Trends zu besorgen.

In dem im September 1992 eröffneten Geschäft in der Schanzenstraße ist neben groben Cotton-Hemden und Jacken, wollenen Hosen mit überdimensionalen Taschenaufsätzen in traditionellen Mustern auch der dazu passende Schmuck auffindbar. Und natürlich Musik. Die Kleidungsstücke sind mit besonderen Zeichen versehen, die mystische Inhalte haben.

Kleine Beschwörungen weißer Magie. So ist der Begriff „ Mojo“ aus dem Wortschatz der Voodoo-Kultur gefischt und bedeutet soviel wie Charme und Zauber. Hier erfährt die Pop-Kultur also eine weiterreichende Bedeutung oder die Mode eine neue Werbetrommel und bietet damit doch Neuartiges: Mystische Gesinnung mit musikalischer Begleitung.

Audrey-Sue Peters

Mojo-Shop, Schanzenstraße 46, 20357 Hamburg