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Eko-Stahl will nicht sterben

■ Der Wirtschaftsminister von Brandenburg über seine Stahl-Interessen

Einen Tag vor dem Bremer Bürgermeister hat der Wirtschaftsminister für Brandenburg, Walter Hirche, dem EG-Kommissar für Stahl die Interessen von Eisenhüttenstadt (Eko-Stahl) nahegebracht. Gegenüber der taz erklärt er die Interessenlage „seines“ Stahlwerkes.

Eko-Stahl will eine neue Warmbreitbandstraße bauen. Paßt das in die Landschaft?

Walter Hirche: Wir möchten in Eisenhüttenstadt auf verringerter Kapazitätsbasis das, was in der Vergangenheit bei Preussag (Saarbrücken) und Thyssen gewalzt wurde — von den Transportkosten her ist das unsinnig — vor Ort machen.

Sie würden dann mit Warmbreitbandstraße ein „integriertes Stahlwerk“ haben.

Genau. Das ist notwendig. Die DDR war zuletzt aus Finanzgründen nicht in der Lage, das zu bauen. Alles anderes andere ist ein Tod auf Raten für einen Stahl- Standort.

Wer soll denn Kapazitäten abbauen, wenn Eisenhüttenstadt aufbaut

Es geht bei uns um insgesamt 800.000 Tonnen Stahl, von denen mindestens 300.000 durch Verträge in Rußland abgesetzt werden. Bei den Stahl-Straßen, die im Westen, zum Beispiel in Bremen, vorhanden sind, handelt es sich um eine Größenordnung von etwa 4 Millionen Tonnen.

Wenn die deutsche Stahlindustrie gegen einen Zubau in Eisenhüttenstadt auftritt, dann nicht wegen der 500.000 Tonnen, sondern weil sie Sorge haben, daß sich Spanien und Italien darauf beruft und der europäische Stahlmarkt durcheinanderkommt.

Und deswegen wird die EG-Kommission vermutlich dem Ministerrat für den 21.September noch keinen Vorschlag vorlegen können?

Ja. Das ist eine europäische Frage. Für Italien geht es darum, mit welchen Beihilfen wird der alte staatliche Stahlkonzern Ilva entschuldet und damit in eine bessere Wettbewerbssituation gebracht.

Wieviel Warmbreitbandband-Kapazität soll denn abgebaut werden?

Die EG-Kommission will zwischen 3 und 6 Millionen Tonnen weniger haben. Sie will dafür mit Finanzmitteln behilflich sein, damit Ersatzarbeitsplätze geschaffen werden können.

Wo sollte das denn nach Ihrer Vorstellung abgebaut werden?

Die Stahlindustrie muß da Vorschläge machen. Der Staat sollte nicht eingreifen.

Aber die Wirtschaftsminister reisen einer nach dem anderen nach Brüssel. Nordhein-Westfalen verteidigt vehement seine Standorte.

Jeder Landes-Wirtschaftsminister ist schopn durch seinen Amtseid gehalten, für seine Arbeitsplätze einzutreten. Aber ich finde, es gehört zu einer ehrlicher Diskussion zwischen den Regionen in Deutschland, daß man jetzt den Osten nicht dafür bestraft, daß die DDR kein integriertes Stahlwerk bauen konnte.

Wir haben in Eisenhüttenstadt in zwei Jahren von 13.000 Arbeitskäften 10.000 abgebaut, sowas ist nie einem Standort im Westen zugemutet worden. Ohne den Beitritt der DDR hätte man im Westen viel schärfer über den Abbau von Kapazitäten reden müssen.

Macht es Sinn, überall ein bißchen Kapazität zu reduzieren?

Alle sind sich einig, daß Stahlwerke mit einer optimalen Größenordnung gebaut werden. Wenn die nur zur Hälfte genutzt wird, dann ist das immer ein Defizitgeschäft.

Deswegen ist es von der Sache her besser, eine Stahlstraße insgesamt zu schließen als an zwei Stellen etwas Halbes zu machen.

Gibt es ein FDP-strategisches Bündnis zwischen dem bremischen und dem brandenburgischen Wirtschaftsminister?

Es gibt gewisse Interessenunterschiede, von daher sind wir im Gespräch. Aber es gibt kein Bündnis.

Int.: K.W.

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