Betr.: "Pazifistischer Selbstbetrug", taz vom 13.9.93

[...] Aus der alltäglichen Politik, der einen wie der anderen Partei, die alle dieses sagen und jenes tun, halte ich mich raus. So kenne ich auch nicht den friedenspolitischen Grundansatz der Grünen, den Sie angreifen.

Was mich stört ist, daß Sie für Pazifisten mit ihrem ernsthaften und ehrlichem Ansinnen, Vokabeln brauchen wie: Betrug, Köpfe härter als Beton, Scheu vor der Realität, Verrat usw., deswegen hier meine Antwort.

Wo sind ihre Worte über die Waffenhersteller, Waffenhändler und deren Helfer in der Politik, über all diese feinen Herren, diese Helfer der Mörder, die in die Kameras der ganzen Welt lächeln, hofiert werden und kluge, leere Worte sprechen und weiter dafür sorgen, daß „massenweise terrorisiert, vergewaltigt und ermordet wird“?

[...] Nun, Sie empfehlen einen Besuch in Krisengebieten, um sich eine Meinung zu bilden. Seit Januar 1992 war ich dreimal in den Gebieten des ehemaligen Jugoslawien mit Hilfsgütern im Wert von 250.000,- DM. Einmal habe ich dabei auch die erste Linie, die vorderste Front „besucht“. Ich weiß nicht, was ich dort hätte finden sollen, was mich am Pazifismus zweifeln lassen sollte. Gestärkt, Herr Jakobs, gestärkt in meiner Meinung bin ich von dort, von der ersten Linie, zurückgekehrt.

Den Krieg auf dem Balkan, so wie alle Kriege dieser Welt kann ich auch nicht stoppen. Aber genau das ist das Argument, die Waffen der Verbrecher, die dadurch Milliarden verdienen, die sich nur durch die Mordinstrumente überall in der Welt an der Macht halten, gar nicht erst in die Hand zu nehmen.

Stellvertretend für viele nenne ich Wolfgang Borchert, Bert Brecht, Lao Tse und frage Sie, sind das alle Betonköpfe, Herr Jakobs? [...] Rainer Heißmann, Kierspe