piwik no script img

Burschenschafter wollen aus der rechten Ecke

■ Gemäßigte Verbindungsstudenten gründen Konkurrenz-Dachverband / Umweltschutz statt „Ehre, Freiheit, Vaterland“ / Aber kein Zutritt für Frauen

Berlin (taz) – Die „Deutsche Burschenschaft“ (DB) hat jetzt auch ihre APO. Immer mehr Mitgliedern sind die nationalistischen Töne peinlich. Gemäßigte Verbindungsstudenten gründeten deshalb eine Konkurrenzorganisation zum bisherigen Dachverband DB: die „Vereinigung Deutscher Burschenschafter“. Sieben Mitgliedsbünder hat die neue Organisation bereits, die DB zählt ohne Altherrenbünde 129.

Der Vergleich mit der APO stammt von Bernd Preiß, dem Sprecher der Burschenschaft der Bubenreuther in Erlangen. Seine Verbindung initiierte die Neugründung mit. Schuld am rechten Touch der DB ist in seinen Augen die „Burschenschaftliche Gemeinschaft“ (BG), die Fraktion der Hardliner. Hier geben Studentenverbindungen wie Danubia München oder Olympia Wien den Ton an, die im extrem rechten Lager feste Größen sind. Ob NPD, Republikaner oder FPÖ, rechtsintellektuelle Organe wie Junge Freiheit oder Criticon: BH-Burschenschafter sind oder waren dabei. „Und die Öffentlichkeit wirft uns dann alle in einen Topf“, klagt Preiß.

Seine Verbindung übergab zum 250jährigen Jubiläum der Uni Erlangen dem Rektor ein „Manifest“, in dem die Bubenreuther Rechtsradikalismus verurteilen und an die belastete Vergangenheit der Korporationen erinnerte. „Leider sind in der Vergangenheit große Teile der burschenschaftlichen Bewegung und mit ihnen auch Bubenreuther wilhelminischem Nationalismus oder gar völkischen Parolen der Nationalsozialisten erlegen“, heißt es in dem Papier. Ein selten selbstkritisches Bekenntnis.

Oft stellen sich die Verbindungen als Verfolgte des Naziregimes hin, da sie ab 1935 zwangsaufgelöst wurden – nachdem der größte Teil von ihnen mitgeholfen hatte, NS- Ideologie an den Hochschulen zu verbreiten.

Die Bubenreuther und ihre Mitstreiter wollen den angestaubten burschenschaftlichen Leitspruch „Ehre, Freiheit, Vaterland“ neu aufpolieren: Einsatz für Europa und den Umweltschutz soll den Kampf um Schlesien und Südtirol ersetzen.

Anstatt sich mit scharfen Klingen gegenseitig die Wangen aufzuschlitzen, pflegen die Erlanger lieber das weniger blutige Sportfechten. Wegen dieser unkriegerischen Haltung waren sie 1987 aus der DB ausgestoßen worden. Der neue Dachverband soll nach und nach, so hoffen die Abtrünnigen, weitere liberal gesinnte Burschenschaften anziehen. Noch blocken allerdings die „Alten Herren“, die Ehemaligen, ab. Und die sind wichtig, denn sie finanzieren ihren jungen Farben- und Waffenbrüdern das lustige Verbindungsleben.

Besonders weit gehen die Perestroika-Pläne der Aussteiger allerdings nicht. „Es ist nicht unsere Aufgabe, alle Burschenschaften zu reformieren und die Danuben zu ächten“, formuliert Preiß. Auch die Aufnahme von Frauen steht nicht auf dem Programm der VDB.

DB-Sprecher Thies Dose hält die Dissidenten für „Bünder, die resigniert haben“. „Sie bescheinigen der DB Reformunfähigkeit“, so der Student aus Clausthal-Zellerfeld. „Gerade in einem sich als konservativ verstehenden Verband wie der DB muß ständig diskutiert werden, sonst droht er zu verkalken.“

Die rechtsextremen Äußerungen verschiedener Mitglieder bewertet Dose als „nicht repräsentativ“. Gregor Kursell

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen