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Unterm Strich

Möglicherweise hat es etwas mit dem aktuellen Dino- Wahn zu tun, daß Ernst Jünger, der deutsche Dino unter den Lemuren des Herrenzeitalters, sich anhaltender Beliebtheit erfreut. Daß die FAZ unverdrossen seine abgestandenen Tagebuchaufzeichnungen unter dem erfrischenden Titel „Siebzig verweht III“ (klingt wie „Police Academy IV“) abdruckt, erstaunt uns nicht – wenn auch bei manchen Peinlichkeiten eine helfende Hand in der Redaktion das Schlimmste hätte mildern können (oder hat dort wahrhaftig niemand gemerkt, wie Jünger nach so vielen Jahren noch immer nicht kapiert, daß es wirklich nicht Luis Trenker, sondern Horst Tomayer war, der ihn in den verwehten Siebzigern zu einem vertraulichen Gespräch anrief?). Daß die Hamburger Zeit, schwankendes Schlachtschiff im liberalen Meer dieser allseits uferlosen Zeiten, ihre Seiten dem Marmorklappernden zur Verfügung stellte, war schon überraschender. Daß wiederum nun Rudolf Augstein, bekannt als Deutschnationaler der erstmöglichen Stunde, sich auch im Spiegel des HErrn erbarmt: ist das ein Wunder? Eigentlich nicht – publizieren doch er und Jünger seit 46 resp. 73 Jahren „in blendendem Stil“, und reicht man sich, überm Papier und über die allzeit bewegenden Zeiten hinweg, doch gerne die blau geäderten Hände: Der „Mann ist jetzt 98 Jahre alt und macht keinerlei Anstalten, die 100 nicht zu erreichen“. So etwas nötigt Achtung ab, wenn's auch die Redaktionen verdrießt: so wissen wir von einem Nachruf auf den ewig Jungen, seit 20 Jahren fertig im Wortspeicher einer wohlbekannten Tageszeitung, der nun schon mehrfach aktualisiert werden mußte und dessen Autor immer dringlicher fürchtet, den Abdruck nicht mehr erleben zu dürfen, sondern seinerseits womöglich Gegenstand eines Nachrufs, geschrieben von Jüngern, zu werden ... Das Leben erzählt nicht nur die schönsten Geschichten, sondern auch immer die längsten, hat sozusagen das letzte Wort.

So fand auch der Fortsetzungskrimi um den Quedlinburger Domschatz sein glückliches Ende in der Welt der Realien: Denn nach fast 50 Jahren, teilt uns die Deutsche Presseagentur frohgemut mit, „kehrte der kostbare Domschatz der 1.000 Jahre alten Stadt Quedlinburg am Sonntag in die Schatzkammern der Stiftskirche St. Servatius heim“. Das Gold, das Glück bedeuten soll (als Thema der heutigen Kulturseiten von Ihnen unschwer dechiffriert), lag zwischenkriegszeitlich in Texas, bei einem Offiziere, der „1945 die zwölf schönsten Stücke des Schatzes aus einem Stollen bei Quedlinburg stahl und schlicht per Feldpost nach Hause schickte. Ein Umhängekreuz und ein Bergkristallflacon sollen ihm später selbst gestohlen worden sein“. Der Mammon sollte dem Officer kein Glück, sondern dessen Erben einen Erbschaftssteuerprozeß einbringen ... Sie kennen die Losung des Tages?: Geld macht nur eines: nämlich reich.

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