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Jelzin löst Parlament auf: „Teufelskreis durchbrechen“

■ Neuwahlen für Dezember vorgesehen

Moskau (AFP/dpa) – Der russische Präsident Boris Jelzin hat gestern abend überraschend das Parlament aufgelöst. In einer Fernsehansprache ordnete er zugleich eine vorgezogene Neuwahl des Parlaments für den 11. und 12. Dezember an. Eine Neuwahl des Präsidenten werde folgen. Der Präsident begründete, er müsse als „Garant für die Sicherheit des Staates einen Ausweg aus der Sackgasse bieten und diesen zerstörerischen Teufelskreis durchbrechen“.

Weiter sagte Jelzin, daß es auch keine weiteren Sitzungen des Volksdeputiertenkongresses geben werde. „In meiner Funktion als Garant der Verfassungsmäßigkeit unseres Staates, die durch allgemeine Wahlen im Juni 1991 und durch das Referendum vom April 1993 bestätigt wurde, erlasse ich hiermit, daß der aus zwei Kammern bestehende Föderationsrat von nun an oberstes gesetzgebendes Organ ist.“ Die Autorität des Kongresses sei null und nichtig, fügte er hinzu.

Noch am Nachmittag hatte Parlamentspräsident Ruslan Chasbulatow die Abgeordneten zur Wachsamkeit aufgerufen. Das Parlament müsse bereit sein, alle verfassungswidrigen Aktionen zurückzuweisen. Zur Eröffnung einer außerplanmäßigen Präsidiumssitzung des Obersten Sowjet sagte der politische Gegenspieler Jelzins: „Ich befürchte, daß sich irgend jemand zu gesetzwidrigen Handlungen entschließen könnte.“ Er fügte hinzu: „Wir tun unsere Pflicht.“ Laut Verfassung hat Jelzin nicht die Befugnis, das Parlament aufzulösen oder Neuwahlen anzusetzen.

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