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Neues Land mit altem König

■ Kambodschas Renaissance: Sinhanouk, der die Geschicke wie kein anderer bestimmte, wird zum Abschluß der UNO-Mission König

Sie hatten die Wahl und die KambodschanerInnen entschieden sich für eine anachronistische, aber vertraute Regierungsform: die konstitutionelle Monarchie. Es gibt ernsthafte Zweifel an der Fähigkeit der Regierung, einige der neuen demokratischen Institutionen zu schützen, besonders die Bürgerrechte. Unklar ist auch, ob der Monarch nicht zuviel Macht über die angenommen unabhängigen Teile der Regierung haben wird. Im großen und ganzen jedoch umfaßt die Verfassung all jene Prinzipien, die Ziel der zwei Milliarden Dollar teuren UNO-Friedensmission waren.

König wird Prinz Norodom Sihanouk sein, jene 70 Jahre alte Legende, der mehr als irgendein anderer (Pol Pot eingeschlossen) verantwortlich ist für das Schicksal des modernen Kambodscha. Die Wahl Sihanouks ist der kambodschanische Versuch, Scherben zu kitten. Die Menschen wählten die Demokratie, wollten zugleich aber nicht nur eine der ältesten Institutionen beibehalten, sondern Sihanouk erneut als Vater einer neuen Epoche ihrer Geschichte.

Schon einmal war Sihanouk König. Indem die KambodschanerInnen ihn erneut zum König machen, schließt sich der Kreis da, wo man ihn vor dem Krieg verlassen hatte – ohne all die Leiden der verlorenen Jahre unter den Khmer Rouge und der vietnamesischen Okkupation zu vergessen. Prinz Sihanouk allein kann all diese Geschichte verkörpern. Er war erst 19 Jahre alt, als die Franzosen ihn 1941 zum König krönten. Während des 2. Weltkrieges, zur Zeit der deutschen Okkupation Frankreichs und japanischer Dominanz in Südostasien, schwor Sihanouk dem Reich der aufgehenden Sonne die Treue.

Nach der Niederlage Japans und dem Abzug der Franzosen kooperierte er mit den Kolonialmächten, während er zugleich Anführer der kambodschanischen Unabhängigkeitsbewegung wurde. 1954 hatte er die Franzosen überzeugt, dem Land die Unabhängigkeit zu geben, um ähnliche Verhältnisse wie im Nachbarland Vietnam zu vermeiden. Sihanouk konnte den Thron besteigen und ließ die ersten Wahlen nach der Unabhängigkeit ausrufen, die er oppositionslos gewann.

Dies war der Beginn jener Zeit, an die sich KambodschanerInnen heute als „goldene Ära“ erinnern. Die folgenden 15 Jahre regierte Sihanouk als Monarch und Nationalist. Er ist in der Erinnerung als jener, dem man die Modernisierung des Landes verdankt, ohne zugleich dessen buddhistischen und bäuerlichen Charakter zu zerstören. Doch er mußte keine Opposition und damit Konkurrenz erdulden. So konnte er immer die Entstehung einer politischen oder unternehmerischen Klasse unterdrücken: Eine gefährliche Strategie für ein Land, das sowohl an das unternehmerfreundliche Thailand wie auch an das politisch provokante Vietnam angrenzt, das in den längsten „heißen“ Krieg der Periode des Kalten Krieges verwickelt war.

1970 wurde Sihanouk gestürzt und Kambodscha in einen Bürgerkrieg getrieben, der durch den größeren Vietnamkrieg angefacht blieb. Sihanouk schloß sich den kambodschanischen Kommunisten – den Roten Khmer – an. Er lieh ihnen sein nationales wie internationales Prestige.

Als sie 1975 den Krieg gewannen, kehrte Sihanouk in die Hauptstadt zurück, wo man ihn im Königspalast unter Hausarrest stellte. In diesem beschützten Käfig überlebte er all die blutigen Jahre des Schlachtens, in denen die Khmer Rouges beinahe die Seele des Landes vernichteten. Doch nach dem Einmarsch der Vietnamesen und der Vertreibung der Khmer Rouge 1979 unterstützte er letztere dennoch. Er tat dies, sagte er, weil er Nationalist sei und gegen die vietnamesische Dominanz. An dieser Position hielt er während all der Verhandlungen bis hin zum Pariser Friedensabkommen im Oktober 1991 fest. Man ernannte ihn in der Phase des UNO-Friedensplans zum Staatsoberhaupt, aber er weigerte sich, für die Wahlen zu kandidieren, die die Partei seines Sohnes, Prinz Rannaridh gewann.

Mittlerweile ist Rannaridh einer der beiden Premierminister der kambodschanischen Regierung und er ist Thronfolger. Kambodscha heute hat eine Marktwirtschaft. Nach dem gigantischen Hilfsplan der UNO hat man eine solide Basis an internationaler Finanzhilfe. Und unter der Regierung der beiden Premiers Rannaridh und Hun Sen begann man, die Khmer Rouges zu bekämpfen, damit diese niemals wieder das Land ruinieren mögen.

Immer noch ist Kambodscha arm, immer noch hinkt es den anderen Nationen des boomenden Südostasiens hinterher. Aber es hat eine Chance zu überleben und, vielleicht, die Verhältnisse so zu verbessern, daß es einen Zustand der Stabilität und des Wohlstandes erreicht, den es innehätte, wäre die Geschichte anders verlaufen. Elisabeth Becker

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