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Kopfnüsse von Trilobiten

■ Kieler Wissenschaftspreis für „klassische“ Zoologen

Steineschleppen und Staublunge als Opfer für die Forschung – der Einsatz für die erhabenen Ziele der Wissenschaft lohnt sich wieder: Gestern wurde der mit insgesamt 15.000 Mark dotierte Wissenschaftspreis des Landes Schleswig-Holstein von Marianne Tidick, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, während eines Festaktes im Kieler Schloß vergeben. Mit dem unter dem Motto „Ökologie und Ökonomie“ stehenden Preis werden drei Diplomarbeiten der Nachwuchsforscher Martin Thiel, Frank Rudolph (beide Zoologen) und Kay Poggensee (Agrarökonom) gewürdigt.

Der Preis geht nun mit Thiel und Rudolph gerade an zwei Vertreter der klassischen Zoologie – einer Fachrichtung, der in den letzten Jahren in Kiel eher übel mitgespielt wurde. Denn nach dem Tod von Wolfram Noodt, zu seiner Zeit erfolgreicher Krebstierforscher, wurde dessen Professur gestrichen und seine Arbeitsgruppe aufgelöst. Getroffen hat es dabei auch Frank Rudolph, der sich für die Betreuung seiner Arbeit über die „Kopfmuskulatur von Trilobiten“ eine neue Abteilung suchen mußte. Für solche Forschungserschwernisse gab es nun als kleines Trostpflaster ein schönes Preisgeld. Rudolph kann es recht sein. Er hat sich immerhin von dem hinterweltlerischen Ruf der Systematiker und Morphologen als „Beinchenzähler“ nicht abschrecken lassen und sich durch Unmengen von Gesteinsproben durchgebissen. Dort fand er nämlich die ausgestorbenen, aber fossil erhaltenen „Dreilapper“: eine Gruppe von Gliederfüßlern, die zwischen Krebs- und Spinnentieren angesiedelt wird und vor rund 500 Millionen Jahren zu den herrschenden Tierformen gehörte.

Dino-Fieber bricht bei den normalerweise nur wenige Zentimeter großen Gliederfüßlern allerdings nicht so schnell aus. Hingegen konnte Rudolph anhand der Kopf- und Kaumuskulatur feststellen, daß die schlammdurchwühlenden Meerestiere ein wesentlich breiteres Nahrungsspektrum besessen haben müssen als bisher vermutet.

Neben der Untersuchung von Trilobiten überzeugte die Jury auch die Arbeit von Kay Poggensee über das EG-Flächenstillegungsprogramm aus Sicht des Landes Schleswig-Holstein sowie Martin Thiels Beobachtungen zweier Schnurwurmarten des Sylter Watts. Jörg-Uwe Kerstein

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