: Neue Chance für Frieden in Angola
■ Unita will Wahlen anerkennen / Regierung gesprächsbereit
Luanda/Berlin (taz/AFP) – Schimmer der Hoffnung auf ein Ende des Bürgerkrieges in Angola: Die Regierung in Luanda erklärte sich gestern zu neuen Verhandlungen mit der Rebellenbewegung Unita bereit, nachdem diese am Vortag überraschend das Ergebnis der von ihr verlorenen Wahlen des letzten Jahres anerkannt hatte.Das angolanische Parlament wird am 19.Oktober die neue Lage beraten.
Der Dialog der Gegner ist jedoch keineswegs gesichert, denn über die Behandlung einer Reihe strittiger Fragen herrscht weiterhin Unklarheit. So fordert die Unita die Neuverhandlung des 1991 zwischen ihr und der Regierung abgeschlossenen Friedensabkommens von Bicesse. Außerdem ging sie in ihrer Erklärung nicht auf den mehrfach vom UN-Sicherheitsrat geforderten Rückzug aus den von ihr in den letzten zwölf Monaten eroberten Gebieten ein. Im Oktober vergangenen Jahres hatte die Weigerung der Rebellenbewegung, Territorium preiszugeben, eine Rückkehr der Konfliktparteien an den Verhandlungstisch verhindert.
Diplomatische Beobachter in Lissabon, der Hauptstadt der ehemaligen portugiesischen Kolonialmacht, vertraten die Ansicht, Regierungstruppen würden unter diesen Umständen zunächst ihre vor vier Wochen eingeleitete Militäroffensive fortsetzen.
100.000 Kriegstote in einem Jahr
Die Wahlen Ende September 1992 waren bereits als Ende des blutigen Konflikts gefeiert worden, der nach der Unabhängigkeit 1975 zwischen der früheren marxistischen Staatspartei MPLA und der damals von den USA und Südafrika unterstützten rechtsgerichteten Unita ausgebrochen war und Angola wirtschaftlich völlig ruiniert hatte. Angolas Präsident Jose Eduardo dos Santos verfehlte zwar bei den Wahlen mit 49,57 Prozent knapp die absolute Mehrheit und hätte sich mit seinem Unita-Rivalen Jonas Savimbi, der es auf 40,07 Prozent brachte, einer Stichwahl stellen müssen. Gleichzeitig aber hatte der Urnengang der MPLA mit 129 Sitzen eine klare Mehrheit im Parlament gesichert, in dem die Unita mit nur 70 und die „Nationale Befreiungsfront Angolas“ (FNLA) mit fünf Abgeordneten vertreten gewesen wäre – für die Unita Grund genug, den Kampf wieder aufzunehmen.
In den letzten zwölf Monaten hat der Krieg Schätzungen der UNO zufolge etwa 100.000 Menschenleben gefordert. Der Rebellenbewegung ist es gelungen, ihre Kontrolle auf rund 70 Prozent des Staatsgebietes auszudehnen. Gleichzeitig aber verlor sie ihre Freunde im Ausland: Die USA verurteilten die Militäroffensive der einstigen Verbündeten, und die UNO verhängte ein – allerdings weitgehend symbolisches – Waffen- und Ölembargo gegen die Guerilla.
Mit ihrer gestern erklärten Bereitschaft, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, reagierte die MPLA-Regierung auf eine entsprechende Aufforderung des UN-Sonderbeauftragten Alioune Blondin Beye in Luanda. Der westafrikanische Diplomat scheint – anders als seine Vorgängerin Margret Anstee – auch in Kreisen der Unita einen gewissen Respekt zu genießen. So erklärte gestern Anibal Kandeya, Sprecher der Guerillaorganisation in München: „Der UN-Bevollmächtigte hat getan, was er konnte. Der Frieden hängt jetzt vom Verhalten der MPLA ab.“
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