: Unterm Strich
Unsere unter dem dichtgrauen Deckmäntelchen der Arbeit auf der Frankfurter Buchmesse urlaubenden KollegInnen teilten uns auf Nachfrage (mit belegter, aber noch vernehmungsfähiger Stimme) vom dortigen Geschehen das folgende mit: Erstens wurde Kanzler Kohl auf seinem allfälligen Messebesuch von einem Pulk dunkelblau gekleideter Bodyguards umgeben, von dem wie immer geistesgegenwärtigen und gut aufgelegten, an einem Stande progressiveren Zuschnitts anmutig lümmelnden Dany Cohn- Bendit mit dem zart in die Menge gerufenen Satz begrüßt: „Davon habe ich schon immer geträumt – einmal dem Kanzler Kohl die Hand geben!“ Woraufhin die Deutschland gebietende Masse zehn tief denkende Schritte sich weiterschob, von dort sich drehte und nicht ohne Haß und Ingrimm zurückrief „Davon können Sie auch weiter träumen!“
Zweitens reagierte man beim Rowohlt Verlag auf die Verleihung des Literaturnobelpreises an die Autorin Toni Morrison mit professioneller Genugtuung und einem hurtigen Umräumen des Standes, während der tapfere kleine Rotbuch Verlag für den alternativen Nobelpreis an seine Autorin Vandana Shiva keine Fernsehkameras begrüßen durfte. Zum Ausgleich zitieren wir an dieser Stelle aus dem Vorwort zu ihrem letzten Buch „Das Geschlecht des Lebens“: „Im September 1988 fand in der FU Berlin das Tribunal der bedrohten Völker statt. Nur ein paar Kilometer entfernt hielten die Vertreter der ehrenwerten Firma IWF in einem riesigen Betonbunker und unter starkem Polizeischutz ihre Jahresversammlung ab. Die Teilnehmer dieser beiden Versammlungen – das muß man wohl kaum betonen – begegneten sich nicht. Hätten sie sich getroffen, dann hätten sie sich manches zu sagen gehabt. Vandana Shiva, eine der vielen Zeugen der Anklage, begann ihre Aussage vor dem Tribunal mit dem Satz: ,Ich bin Natur.‘ Und als spräche die Natur selbst, legte sie Zeugnis ab vom Leiden der Erde, ihren dezimierten Wäldern, ihren toten Böden, ihren mit Dämmen geknebelten Flüssen und versiegenden Quellen. Als Vandana zu sprechen aufhörte, waren viele im Saal den Tränen nahe, und ihr Beifall wollte nicht enden.“ Das Buch, eine grundlegende und detailfreudige Analyse der Folgen der „Entwicklungshilfe“, hat 265 Seiten und ist noch lieferbar. (Montag mehr).
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen