: Schlüssel-Terror in der City
■ Wie ein Hausbesitzer seine Mieter schikaniert
Unter Juristen gilt Hausbesitzer Georg Ohrtmann schon lange als ein wenig abgedreht - nun scheint er völlig ausgerastet zu sein: Ohrtmann möchte sein Wohnhaus in der Norderstraße 141 (City) mit einer Kartenschloßanlage versehen, damit keine ihm unliebsamen Gäste seine Bewohner aufsuchen können.
Der Schloßfimmel des alten Herrn ist nicht neu: „Soweit sich Chaoten im Hause auch daran versuchen und seine Funktion zerstören, wird wieder ein anderes verbessertes Schloß Verwendung finden müssen, welches noch genauer den jeweiligen Zugang zum Hause überwacht“, schrieb Ohrtmann jüngst seinen Mietern. Da aber in der Vergangenheit nicht alle Hausbesucher bei ihm „guten Tag“ gesagt hatten, kam dem auf Überwachung fixierten Vermieter jetzt eine geniale Idee: Zum 1. November will er ein elektronisches Computerschloß einbauen: „Der Kartenschlüssel wird von mir nur an den jeweiligen Interessenten ausgegeben.“ Der Clou: „Die Karte läßt sich nicht nachmachen, soweit Mißbrauch mit der Karte betrieben wird, läßt sich der Kartenschlüssel als Zugangsberechtigung zum Hause sperren. Der Inhaber des Kartenschlüssels ist alsdann gehalten, soweit er Eintritt in das Haus begehrt, sich an meine Person zu wenden.“
Ob der abgedrehte Hausvermieter mit seiner Maßnahme durchkommt, ist fraglich. Mieteranwalt Ernst Medecke, der bereits Prozesse gegen Orthmann gewonnen hat: „So etwas verstößt gegen das Grundgesetz - freie Entfaltung der Persönlichkeit. Jeder Mieter muß die Möglichkeit haben, seinen Lebenspartner oder Verwandte mit in seine Wohnung nehmen zu dürfen oder Gäste aufzunehmen, ohne beim Vermieter eine Einlaßkarte beantragen zu müssen.“
Auch beim Müll möchte Ohrtmann den Mietern sein Sicherheitskonzept diktieren: „Die Müllraumtür ist wegen des mangelhaft gehandhabten Verschließens und der Nutzung des Müllraums als Latrine nur noch am Donnerstag, Montag und Sonnabend über Tage geöffnet. Genauere Öffnungszeiten werden an der Müllraumtür angeschlagen.“ Und auch hier kündigt Ohrtmann Wachsamkeit an: Soweit Bewohner auf die Idee kämen, aus Protest den Müll vor die Tür des Müllraums zu stellen, wolle er Anzeige erstatten: „Hier wird zur Zeit eine geeignete Überwachungsanlage eingebaut.“ Offener Rassismus überkommt Ohrtman, wenn es um seine nichtdeutschen Mieter geht. „Die Türken haben die von mir gemieteten Räume in einem vertragswidrigen Zustand verlassen. Sie haben sich so verhalten, daß man nicht von Gästen sprechen kann.“ Ohrtmanns volksverhetzender Vergleich: „Es drängt sich der Gedanke auf, daß, wenn nach 1918 die Juden aus Galizien sich ähnlich vertragswidrig in Deutschland verhalten haben sollten, es verständlich erscheint, wenn massiver Verdruß bei unseren Vätern entstand.“ kva
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